Studie zum Ausbau der Ganztagsschule: Schlusslicht Bayern

In den vergangenen Jahren sind weniger neue Plätze an Ganztagsschulen entstanden als zwischen 2003 und 2009. Zwischen den Bundesländern gibt es riesige Unterschiede.

Nach dem Essen geht es weiter: Drusenbergschule in Bochum Bild: dpa

GÜTERSLOH dpa | Der Ausbau der Ganztagsschulen hat einer Studie zufolge deutlich an Tempo verloren. Zu Zeiten des vier Milliarden Euro schweren Bundesprogramms „Zukunft Bildung und Betreuung“ seien von 2003 bis 2009 bundesweit jedes Jahr 175.000 Ganztagsplätze entstanden, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Bildungsforschers Klaus Klemm im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Jetzt kämen im Durchschnitt nur noch 104.000 Plätze jährlich dazu.

Fast jeder dritte Schüler (32,3 Prozent) besucht demnach jetzt eine Ganztagsschule. Einer Umfrage zufolge wünschen sich aber 70 Prozent der Eltern einen Ganztagsplatz für ihr Kind. Es gebe also eine Lücke von 2,8 Millionen Plätzen. Im jetzigen Tempo werde es noch 20 Jahre dauern, bis diese Marke erreicht sei, kritisierte der Bildungsexperte im Stiftungsvorstand, Jörg Dräger.

Die Bundesländer haben beim Ausbau des Ganztags sehr unterschiedliche Stände erreicht. Im vergangenen Schuljahr besuchten in Sachsen 79,1 Prozent, in Hamburg 61,7 Prozent der Schüler eine Ganztagsschule. In Baden-Württemberg waren es dagegen 18,9, in Bayern sogar nur 12,4 Prozent.

Sehr unterschiedlich ist auch das Angebot. Der gebundene Ganztag, also der verbindliche Schulbesuch über die Mittagspause hinaus, ist nach Ansicht von Forschern besonders geeignet, soziales und kognitives Lernen zu fördern. Bundesweit nutzen dies aber nur 14,4 Prozent der Schüler. In Hessen und Schleswig-Holstein lernen weniger als fünf Prozent der Erst- bis Zehntklässler im gebundenen Ganztag, in Sachsen (29,3 Prozent) dagegen fast jeder dritte.

Milliarden-Mehraufwand erforderlich

„Der Ausbau der Ganztagsschulen ist eine nationale Kraftanstrengung“, betonte Dräger. Wenn 70 Prozent der Schüler ein Ganztagsangebot bekommen sollen, und das an drei Tagen der Woche mit einem siebenstündigen Programm in Verantwortung der Schule, wären dazu jährlich 1,7 Milliarden Euro zusätzlich für Lehrkräfte und pädagogisches Personal notwendig.

Die flächendeckende Ausweitung des gebundenen Ganztags für alle Schüler auf acht Stunden an allen fünf Schultagen würde den Berechnungen zufolge sogar knapp acht Milliarden Euro pro Jahr kosten. „Der Ausbau der Ganztagsschulen muss beschleunigt werden, weil sie eine bessere individuelle Förderung aller Kinder und damit mehr Chancengerechtigkeit ermöglichen“, sagte Dräger.

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