Studie zu Schwangerschaftsabbrüchen: Verfrühte Vorfreude
Eine von Jens Spahn beauftragte Studie liefert Daten über die schwierigen Bedingungen, Schwangerschaften abzubrechen. Ändern wird die CDU nichts.
Jens Spahn gab eine Studie zu „seelischen Folgen“ von Schwangerschaftsabbrüchen in Auftrag Foto: Kay Nietfeld/dpa
Ein Eigentor hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geschossen, als er vor zwei Jahren eine Studie zu „seelischen Folgen“ von Schwangerschaftsabbrüchen ankündigte. Fünf Millionen Euro stellte er dafür zur Verfügung, dass ihm jemand wissenschaftlich bescheinigte, was er schon zu wissen glaubte: dass Frauen nach Abtreibungen leiden und man sie deshalb davon abhalten sollte.
So direkt hat er das zwar nie gesagt, aber man kann davon ausgehen, dass er es genau so gemeint hat. Denn Spahn hat sich wiederholt gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Frauen positioniert, unter anderem gegen die rezeptfreie Abgabe der Pille danach. Den Kampf hat er verloren, dafür aber verhinderte er 2019, dass Ärzt*innen über Schwangerschaftsabbrüche informieren dürfen.
Und er nimmt hin, dass Frauen in einigen Regionen Hunderte Kilometer für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch reisen müssen. Diese und andere gravierende Folgen des deutschen Abtreibungsrechts haben bisher nur Journalistinnen recherchiert – ihre Ergebnisse haben SPD und CDU ignoriert. In Zukunft wird das schwieriger.
Denn das Forscherinnenteam, das Spahn jetzt beauftragt hat, hat nichts weniger vor, als ein umfassendes Bild davon zu liefern, unter welchen Bedingungen Frauen in Deutschland eine Schwangerschaft abbrechen. Repräsentative, nach wissenschaftlichen Kriterien erhobene Daten lassen sich nicht so leicht vom Tisch wischen, wie der x-te taz-Bericht. Dennoch ist Vorfreude verfrüht.
Zum einen ist nicht sicher, dass die Wissenschaftlerinnen an die Zahlen des statistischen Bundesamts kommen, die zeigen, wie mies die Versorgungslage wirklich ist. Zum anderen liegen bereits jetzt genug Fakten auf dem Tisch, die beweisen, dass der Paragraf 218 weder „das ungeborene Leben“ schützt noch Frauen in der Not hilft. Doch so, wie vor allem die CDU über das Thema redet, steht zu befürchten: Sie wird sich weiterhin einer Sachdiskussion verweigern und stattdessen von Befindlichkeiten leiten lassen.
Studie zu Schwangerschaftsabbrüchen: Verfrühte Vorfreude
Eine von Jens Spahn beauftragte Studie liefert Daten über die schwierigen Bedingungen, Schwangerschaften abzubrechen. Ändern wird die CDU nichts.
Jens Spahn gab eine Studie zu „seelischen Folgen“ von Schwangerschaftsabbrüchen in Auftrag Foto: Kay Nietfeld/dpa
Ein Eigentor hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geschossen, als er vor zwei Jahren eine Studie zu „seelischen Folgen“ von Schwangerschaftsabbrüchen ankündigte. Fünf Millionen Euro stellte er dafür zur Verfügung, dass ihm jemand wissenschaftlich bescheinigte, was er schon zu wissen glaubte: dass Frauen nach Abtreibungen leiden und man sie deshalb davon abhalten sollte.
So direkt hat er das zwar nie gesagt, aber man kann davon ausgehen, dass er es genau so gemeint hat. Denn Spahn hat sich wiederholt gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Frauen positioniert, unter anderem gegen die rezeptfreie Abgabe der Pille danach. Den Kampf hat er verloren, dafür aber verhinderte er 2019, dass Ärzt*innen über Schwangerschaftsabbrüche informieren dürfen.
Und er nimmt hin, dass Frauen in einigen Regionen Hunderte Kilometer für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch reisen müssen. Diese und andere gravierende Folgen des deutschen Abtreibungsrechts haben bisher nur Journalistinnen recherchiert – ihre Ergebnisse haben SPD und CDU ignoriert. In Zukunft wird das schwieriger.
Denn das Forscherinnenteam, das Spahn jetzt beauftragt hat, hat nichts weniger vor, als ein umfassendes Bild davon zu liefern, unter welchen Bedingungen Frauen in Deutschland eine Schwangerschaft abbrechen. Repräsentative, nach wissenschaftlichen Kriterien erhobene Daten lassen sich nicht so leicht vom Tisch wischen, wie der x-te taz-Bericht. Dennoch ist Vorfreude verfrüht.
Zum einen ist nicht sicher, dass die Wissenschaftlerinnen an die Zahlen des statistischen Bundesamts kommen, die zeigen, wie mies die Versorgungslage wirklich ist. Zum anderen liegen bereits jetzt genug Fakten auf dem Tisch, die beweisen, dass der Paragraf 218 weder „das ungeborene Leben“ schützt noch Frauen in der Not hilft. Doch so, wie vor allem die CDU über das Thema redet, steht zu befürchten: Sie wird sich weiterhin einer Sachdiskussion verweigern und stattdessen von Befindlichkeiten leiten lassen.
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Schwerpunkt Paragraf 219a
Kommentar von
Eiken Bruhn
Redakteurin
Seit 2003 bei der taz als Redakteurin. Themenschwerpunkte: Soziales, Gender, Gesundheit. M.A. Kulturwissenschaft (Univ. Bremen), MSc Women's Studies (Univ. of Bristol); Alumna Heinrich-Böll-Stiftung; Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin; Lehrbeauftragte an der Univ. Bremen; in Weiterbildung zur systemischen Beraterin.
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