Studie zu Kunststoffen in Pflegeprodukten: Gutes Plastik, böses Plastik
Das Umweltbundesamt wirft Greenpeace mangelnde Differenzierung in seiner Umfrage vor. Es geht um Mikroplastik in Kosmetika.
Von Kläranlagen werden sie nicht oder kaum herausgefiltert und gelangen so in die Flüsse und ins Meer. Wassertiere halten sie für Nahrung – in Muscheln, Garnelen und Fischmägen wurden sie schon gefunden. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Teilchen auch im Fischfleisch nachweisbar sind“, ist sich Greenpeace-Meeresexperte Thilo Maack sicher. „Plastik gehört aus Vorsorge nicht in die Kosmetik.“
Eine weitere Gefahr: Schadstoffe, die im Wasser gelöst sind, bleiben besonders gut an den kleinen Plastikteilchen kleben. Deshalb befürchten Umweltschützer, dass sich die Gifte so in der Nahrungskette anreichern könnten.
Greenpeace, Teile der SPD, Grüne, Linke, Umwelt- und Verbraucherschutzverbände fordern deshalb, keine Kunststoffe mehr in Kosmetikartikeln zu verwenden. Laut einer Umfrage im Auftrag von Greenpeace finden das auch über 80 Prozent der Verbraucher.
„Kunststoffe je nach Stoff anders betrachten“
Doch dass Greenpeace alles Plastik in einen Topf wirft, stört Marcus Gast, Mikroplastik-Experte beim Umweltbundesamt (UBA): „Die notwendige Differenzierung zwischen festem Mikroplastik und synthetischen Polymeren ließ die Fragestellung nicht zu“, sagt er. Manche synthetischen Polymere sind wasserlöslich. „Das ist ein bunter Blumenstrauß an unterschiedlichen Kunststoffen, die man je nach Stoff anders betrachten muss“, so Gast. Es gebe etwa synthetische Polymere, die helfen, Wasser in Kläranlagen zu reinigen.
Das Amt fordert, keine schwer abbaubaren Stoffe in die Umwelt gelangen zu lassen. „Dabei spielt es keine Rolle, ob das synthetische Polymere oder Chemikalien im klassischen Sinne sind“, so Gast. Greenpeace sieht das anders: „Auch die unschädlichen Plastikverbindungen haben in Kosmetikartikeln nichts verloren“, so Experte Maack.
Eine Studie des UBA hat herausgefunden, dass jährlich 500 Tonnen Mikroplastik aus Kosmetikartikeln ins Meer kommen. Aus anderen Quellen, beispielsweise aus dem Abrieb von Autoreifen, ist es viel mehr: bis zu 111.000 Tonnen. Auch diese Quellen müssten mehr Beachtung finden, so Gast.
„Im Gesamtvergleich ist das Mikroplastik aus Kosmetikprodukten natürlich eine kleine Menge“, gibt Greenpeace-Experte Maack zu. „Aber es ist eine Gesetzeslücke, die geschlossen werden muss.“
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