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Studie zu Angriffen im NetzImmer mehr digitale Gewalt

Hassnachrichten, Bedrohungen, Vergewaltigungsfantasien. Gewalt im Netz trifft immer mehr Menschen – insbesondere Frauen.

Wird oft im Netz beleidigt und hat geklagt: SPD-Politikerin Sawsan Chebli Foto: Christian Ditsch/imago

Berlin taz | „Wir würden ja empfehlen, mal einen Schlachter aufzusuchen, damit du häßliche Schminkfratze dir die Kamelscheiße zwischen den Ohren entfernen und dir mal ein Gehirn einpflanzen lassen kannst.“

Solche und ähnliche Angriffe erreichen die SPD-Politikerin Sawsan Chebli regelmäßig auf Twitter, Facebook und als Brief an die Berliner Senatskanzlei, wo sie Staatssekretärin ist.

Sie ist nicht die einzige Frau, die im Netz beleidigt, angegriffen, bedroht wird. Chebli hat geklagt, genauso wie die Politikerin Renate Künast (Grüne), die die Übergriffe ebenfalls öffentlich gemacht hat. 58 Prozent der Frauen und Mädchen weltweit sind von digitaler Gewalt betroffen, besagt eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Studie des Kinderhilfswerks Plan International. In Deutschland sind es demnach sogar 70 Prozent.

Gewalt gegen Frauen – darunter Stalken, Verpügeln, Einsperren, Beleidigen – ist ein uraltes Thema, das seit einigen Jahren im Digitalen eine neue Dimension erfährt. Übergriffe im Netz sind mittlerweile sogar dramatischer als analoge Angriffe, sagte Anna-Lena von Hodenberg von der Berliner Hilfsorganisation Hate Aid am Donnerstag während einer vom Familienministerium organisierten digitalen Konferenz gegen Gewalt im Netz.

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Betroffen sind vor allem Frauen, die sich öffentlich äußern, egal zu welchem Thema, sei es Feminismus, Politik oder das Klima. Aber auch nichtprominente Frauen trifft es im privaten Umfeld hart.

Chayenne Ochsenknecht sei durch die Angriffe im Netz unterdessen „sprachlos und leise geworden“. Das Model bekommt seit Langem die gesamte Bandbreite digitaler Angriffe zu spüren: Beleidigungen, Bedrohungen, Beschimpfungen. „Irgendwann habe ich mich nicht mehr allein auf die Straße getraut, weil ich Angst hatte, dass das, was mir im Netz angedroht wird, auch real passiert“, so Ochsenknecht auf der Konferenz.

Digitale Gewalt „geht bei Frauen immer ins Sexuelle“, erklärt Expertin von Hodenberg: Das reiche von Beleidigungen des Körpers über Vergewaltungsfantasien und -wünsche bis hin zu Mordgelüsten. Ziel solcher Angriffe sei, „Frauen zum Schweigen zu bringen“, so Katja Grieger vom Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe. Frauen sollen aus dem Netz als wichtigem demokratischen Diskursraum herausgedrängt werden, bestätigt eine aktuelle Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht, die sich explizit digitaler Gewalt widmet.

Was können Betroffene dagegen tun? „Anzeigen, anzeigen, anzeigen“, sagen sowohl Betroffene Ochsenknecht als auch Beraterin von Hodenberg. Was muss die Gesellschaft tun? „Wir wollen nicht, dass etwas im Netz gelebt wird, was wir auf der Straße niemals sagen würden“, sagt Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Gewalt im Netz wird erst seit Anfang 2020 systematisch erfasst. Allein in Bayern haben die Behörden in den letzten vier Monaten rund 400 Verfahren wegen Hasspostings im Internet eingeleitet.

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2 Kommentare

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  • "Wir wollen nicht, dass etwas im Netz gelebt wird, was wir auf der Straße niemals sagen würden."

    Entweder lebt die Frau Bundesministerin in einem anderen Land oder ist hier von der Realität irgendwie abgekoppelt.

    Hier nehmen sich Assis, neudeutsch "Pick-up-Artist" dabei auf, wie sie Frauen öffentlich belästigen und es liegt auch nicht an der Anonymität im Netz, die übrigens der Urzustand war, ich erinnere nurcan die PEGIDA Proteste mit Galgen, jeder konnte die in der Öffentlichkeit mit ihrem Gesicht sehen, wie sie "Volksverräter" an den Galgen wünschten.

    Die Leute im Netz, sind genau die gleichen Leute wie im RL, man tue nicht so, als seien das zwei unterschiedliche Welten.

    • @Sven Günther:

      Ich nehme an, Denial oder Disconnect. Oder ihr Sekretariat sortiert ihre Emails sehr effizient vor. Denn dass Giffey wesentlich weniger "Fanpost" bekommt als Chebli halte ich für ein Gerücht...

      Interessanterweise kriegt die Hetzercommunity regelmäßig wohlwollende Unterstützung und Bestätigung aus der "liberalen Mitte". Meinungsfreiheit und so. Denn wie wir alle wissen, besteht die wahre Meinungsfreiheit daraus, dass jeder alles sagen kann, so lange bis die widerwärtigsten und verlogensten Hetzer mit den üppigsten Zeit- und Geldressourcen (= Outreach) alle die ihnen widersprechen, die sagen man sollte nicht jeden Mist glauben nur weil er die eigenen Vorurteile bestätigt, die sagen man sollte erst einmal die Faktenlage betrachten bevor man alles zum legitimen Gegenstand des "Diskurses" erklärt, systematisch zum Schweigen gebracht haben.



      Und bei wem fangen sie an? Mit Frauen, mit Nichtweißen, mit Armen. Mit den Stimmen der Entrechteten, die eigentlich das meiste Gehör verdienen.

      Wie immer.