Studie über Kakaoproduktion: Kinderarbeit für Schokolade
Eine neue Studie belegt Ausbeutung in Afrika bei der Kakaoproduktion. Allein in der Elfenbeinküste und Ghana sind 1,5 Millionen Kinder betroffen.
Süßer Kakao ohne Kinderarbeit? Für das Inkota-Netzwerk, ein 1971 gegründeter Zusammenschluss nichtstaatlicher Organisation, klingt das unwahrscheinlich. Verbraucher*innen in Deutschland müssen davon ausgehen, dass in ihrer Schokoladentafel mit hoher Wahrscheinlichkeit ausbeuterische Kinderarbeit steckt, hat Inkota am Dienstag betont und bezieht sich auf eine neue Studie des National Opinion Research Center (NORC) der Universität Chicago.
Das Dokument ist 300 Seiten lang und kommt nach Feldforschung in den Jahren 2018 und 2019 zu dem Ergebnis, dass allein in der Elfenbeinküste und Ghana – aus den beiden Staaten stammt etwa 70 Prozent des westafrikanischen Kakaos – rund 1,56 Millionen Mädchen und Jungen zwischen 5 und 17 Jahren zur Kinderarbeit gezwungen werden. So gut wie alle davon sind demnach mindestens einer gefährlichen Tätigkeit ausgesetzt, also Nachtarbeit, das Tragen schwerer Lasten und die Nutzung von Chemikalien. Gerade Letzteres wird zur immer größeren Gefahr. Generell muss fast jedes zweite Kind einer Familie, die Kakao anbaut, mitarbeiten.
Dabei betonen Schokoladenhersteller wie Nestlé seit Jahren, dass „Kinderarbeit schlichtweg inakzeptabel“ sei. Der Verbrauchsgüter-Konzern Unilever schreibt auf seiner Homepage, man wolle die Lieferkette zu „100 Prozent“ nachverfolgen. Das Unternehmen Mars Wrigley kommentiert die Studie umgehend: „Kinderarbeit hat keinen Platz in der Kakao-Lieferkette, weshalb Mars Wrigley im Rahmen seiner Strategie ‚Kakao für Generationen‘ eine Milliarde US-Dollar zur Behebung einer kaputten Lieferkette bereitgestellt hat.“
Derartige Beteuerungen, die Bedingungen zu verbessern und vor allem Kinderarbeit effizient zu bekämpfen, gibt es jedoch schon seit Jahren. Verschiedene Gütesiegel sind entstanden und sollen für fair produzierte Schokolade bürgen. Doch geändert hat sich nichts, was ebenfalls ein Ergebnis der Studie ist: Zwischen 2013/2014 und der jetzigen Untersuchung hat sich die Situation nicht verbessert. Im Gegenteil: Steigt die Kakaoproduktion – wie von 2008/2009 bis 2018/2019 um 62 Prozent –, wächst auch die Nachfrage an Arbeitskräften.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“