piwik no script img

Studie der EU-GrundrechteagenturIntegration ist Schlüssel zur Sicherheit

Viele der 20 Millionen Nicht-EU-Bürger werden auf die eine oder andere Weise ausgegrenzt. Das ist teuer und gefährlich, konstatiert eine Studie.

Integration: Schweißen in einer Berufsschule in Bremen Foto: dpa

Berlin taz | Kein Wahlrecht, Ausgrenzung, kein Schutz vor Diskriminierung – das ist heute die Situation vieler der rund 20 Millionen Nicht-EU-Bürger in Europa. Wie mit ihnen umzugehen ist, hat die EU zwar schon 2004 festgelegt, aber diese Regeln werden kaum befolgt. Das ist das Ergebnis einer Studie der EU-Grundrechteagentur in Wien.

Durch Terrorismus und „Unsicherheit in der Bevölkerung bezüglich Diversität“ – wie die Forscher vornehm Rassismus umschreiben – würden „Integrationsmaßnahmen immer öfters infrage gestellt“. Die Folge seien enorme Unterschiede bei der Integrationspolitik der EU-Staaten. Diese Unterschiede könnten sich zu „unüberwindbaren Hindernissen“ bei der Integration auswachsen.

So existiert in 16 EU-Staaten kein Gesetz, das die Diskriminierung von Drittstaatlern – also Menschen, die nicht aus einem EU-Staat stammen – aufgrund ihrer Nationalität verbietet. Junge Menschen mit Migrationshintergrund seien sozialer und wirtschaftlicher Ausgrenzung ausgesetzt. Dennoch ergriffen nur 12 Mitgliedstaaten Maßnahmen, die sich explizit an Jugendliche mit Migrationshintergrund richten. „Die aber sind wichtig, um Entfremdung oder gar Radikalisierung zu vermeiden“, schreiben die Forscher.

Positivbeispiel: „Mama lernt Deutsch“

Auch um die politische Teilhabe steht es schlecht: In 13 der 28 EU-Staaten dürfen DrittstaatlerInnen nicht einmal bei Kommunalwahlen mit stimmen. Neun Staaten, darunter Deutschland, vergeben Aufenthaltstitel nur nach erfolgreichem Sprachtest. Das gilt in der Regel auch für Familienangehörige, etwa nach einer Hochzeit.

„Alarmierend“ nennen die Forscher die Situation im Bildungsbereich. Etwa die Hälfte der EU-Staaten richte nichts gegen schulische Segregation aus: MigrantInnen wohnen in bestimmten Vierteln, entsprechend bleiben ihre Kinder an bestimmten Schulen fast ­unter sich. „So leben Menschen mit Migrationshintergrund und Einheimische in getrennten Gesellschaften“, beklagen die Forscher.

Ein Positivbeispiel sei hier das Programm „Mama lernt Deutsch“ der Kommune Wien: kostenfreie Deutschkurse für Mütter im Kindergarten ihrer Kinder, inklusive Betreuung für weitere Kinder. „Die in der EU lebenden Migrantinnen und Migranten sind nicht Teil einer ,Krise', sondern ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft“, sagte der Direktor der Grundrechteagentur, Michael O’Flaherty. Integration sei keine Gefahr, sondern „der Schlüssel zu unserer Sicherheit und unserer Demokratie.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Nicht jede Ungleichbehandlung ist gleichzeitig eine Diskriminierung! Selbstverständlich richtet sich beispielsweise das Wahlrecht nach der Staatsangehörigkeit des jeweiligen Mitliedslandes. Warum sollte ein Ausländer ein Wahlrecht haben? Bei vollständiger Gleichbehandlung wäre jedes nicht erteilte Visum und jede Abschiebung bereits eine Diskriminierung.

     

    Jedes Mitglied der EU bietet den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedsländer besondere Vorteile im Gegenzug für die gleichen Vorteile der eigenen Staatsangehörigen. Warum sollten Drittstaatler daran partizipieren? Für diese Forderung fehlt jegliche Grundlage.

     

    Im Übrigen geltene einzelne Schutzgesetze selbstverstänlich auch für Drittstaatler.