piwik no script img

Studie der Bertelsmann StiftungJunge vertrauen der Demokratie

Junge Menschen in Deutschland haben mehr Vertrauen in die Regierung als in anderen EU-Ländern. Gleichzeitig haben viele Angst vor der Zukunft.

Demokratie ist geil: Zahlreiche Menschen demonstrierten am Wochenende in Berlin gegen Rechtsextremismus Foto: Andreas Stroh/imago

Gütersloh dpa | Das Vertrauen junger Menschen in Deutschland in die Demokratie unter jungen Deutschen ist vergleichsweise gut ausgeprägt. Wie eine am Dienstag vorgestellte Studie der Bertelsmann Stiftung mit Umfragedaten aus dem Vorjahr zeigt, setzen mit 59 Prozent der befragten 18- bis 30-Jährigen zwar mehr Menschen Vertrauen in die Demokratie als im Durchschnitt von neun anderen europäischen Ländern, wo es 50 Prozent sind. Dennoch misstrauen viele junge Menschen Regierung und Parlament. Jeder zweite befragte junge Erwachsene aus Deutschland gab an, der Regierung nicht zu vertrauen, 45 Prozent misstrauen dem Parlament.

In Kombination mit einem vergleichsweise ausgeprägten Zukunftspessimismus sehen die Experten darin ein Warnsignal. Es komme nun darauf an, das Demokratievertrauen nicht zu verspielen, heißt es von der Bertelsmann Stiftung. Dazu brauche es gezielte Maßnahmen, um den Glauben an die Problemlösungsfähigkeit von Politik wieder zu stärken, mahnen die Autoren mit Blick auf Deutschland. „Es besteht die Gefahr, dass sich sonst junge Menschen denjenigen, die zu einfache Lösungen versprechen, zuwenden und damit offen werden für radikales Gedankengut“, sagte Regina von Görtz, Jugendexpertin bei der Bertelsmann Stiftung.

Bereits im vergangenen Frühjahr hatte das niederländische Marktforschungsinstitut Glocalities im Auftrag der Bertelsmann Stiftung 2.248 Menschen aus Deutschland in einer repräsentativen Umfrage zu ihren Haltungen befragt, darunter mehr als 500 Menschen zwischen 18 und 30 Jahren. Anschließend wurden die Ergebnisse mit Befragungsdaten aus identischen Umfragen in Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Polen, Rumänien, Spanien, Schweden und Großbritannien abgeglichen.

Um das Vertrauen in politische Prozesse zu stärken, empfehlen die Autoren eine vorausschauende Politik, die gezielt auf die Bedürfnisse junger Menschen und ihre Anliegen eingeht. Hier liefert die Studie Ansatzpunkte: Laut Umfrage gehören Menschenrechtsverletzungen (genannt von 51 Prozent der jüngeren Befragten), Klimawandel (46 Prozent) sowie die Themen sexuelle Belästigung und Missbrauch (45 Prozent) und Kindesmissbrauch (42 Prozent) zu den Aspekten, die der jungen Generation am meisten Anlass zur Sorge geben. Angst vor mentalen Gesundheitsproblemen treibt dabei auffällig häufiger Erwachsene unter 31 Jahren (41 Prozent) um als die ältere Generation. Nur 26 Prozent der 31- bis 70-Jährigen nennen dies als Sorgenthema.

Unabhängig von ihrem Alter blicken die Befragten eher besorgt in die Zukunft: Demnach erwarteten 36 Prozent der jüngeren und sogar 42 Prozent der älteren Menschen eine Verschlechterung der Dinge – darunter waren Faktoren wie der Klimawandel, Lebensstandard oder Einkommensungleichheit abgefragt worden. Die Erkenntnisse deuten laut Studie darauf hin, dass sowohl die junge als auch die ältere Generation wenig Vertrauen in die politische Bewältigung künftiger Herausforderungen hat, so die Bertelsmann Stiftung. Junge Erwachsene in Deutschland sind dabei im Schnitt pessimistischer als ihre Altersgenossen in den anderen Ländern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Laut Umfrage gehören Menschenrechtsverletzungen (genannt von 51 Prozent der jüngeren Befragten), Klimawandel (46 Prozent) sowie die Themen sexuelle Belästigung und Missbrauch (45 Prozent) und Kindesmissbrauch (42 Prozent) zu den Aspekten, die der jungen Generation am meisten Anlass zur Sorge geben."

    Ein ganz auffallender Unterschied zu den Sorgen der Älteren.

  • Das kommt davon, wenn man jahrelang die Bildung vernachlässigt.

  • - Spiegel Schlagzeile: "Viele junge Deutsche misstrauen Regierung und Parlament"



    - taz Schlagzeile: "Junge vertrauen der Demokratie"

    Gleiche Studie.

    • @Dortmunder Franke:

      Habe auch den Eindruck, dass die Überschrift des Artikels nicht ganz den



      Ergebnissen der Studie entspricht bzw.



      das Wesentliche „ Jeder 2 Jug. mißtraut



      der Regierung“ nicht wider gibt.



      Mich wundert auch, dass zu den



      Problemfällen nicht die Bildungschancen zählen, mit Schulabbrecherquoten von bis zu 10 % in den B-Ländern und extrem hohen



      Zinssätzen bei Studienkrediten.

    • @Dortmunder Franke:

      Für den einen ist das Glas halbvoll, für den anderen halbleer.