Stress bei den Grünen in Hessen: Rücktritt nach teurer Lobbyreise
Es kracht im für die Grünen wichtigen Landesverband Hessen: Die Vorsitzende Anders wirft ihrer Partei Intransparenz und unzulässige Zuwendungen vor.
Auslöser für Anders’ Rücktritt waren die umstrittenen Auslandsreisen ihres Co-Landesvorsitzenden Andreas Ewald. Der hatte in diesem Jahr zwei Auslandsreisen unternommen, die Verdacht auf unzulässige Parteispenden weckten: Im Frühjahr nahm er an einem Programm teil, das vom US-Außenministerium finanziert wurde, und reiste zudem auf Einladung der proisraelischen Organisation European Leadership Network (Elnet) nach Israel. Die Kosten für beide Reisen beliefen sich auf 25.000 Euro. Anders kritisierte, dass diese Reisen nach dem Parteiengesetz als Spenden hätten deklariert werden müssen. Andernfalls drohten der Partei hohe Strafen.
Der Landesvorstand hat in der letzten Woche noch Vorwürfe zurückgewiesen: Es habe sich um eine Privatreise gehandelt. Dazu stellten die Grünen den Schriftwechsel mit der Bundestagsverwaltung online, die um eine Einschätzung gebeten worden war. Die Bundestagsverwaltung hatte bestätigt, dass keine Bedenken gegen die parteienrechtliche Zulässigkeit der Reisen bestünden. „Unsere Partei hat durch die Fremdfinanzierung der Reisen keine Einnahme erzielt“, hieß es.
Anders warf dem restlichen Vorstand jedoch mangelnde Transparenz vor: Wichtige Unterlagen wie detaillierte Kostenaufstellungen, Angaben zum Bezug zur politischen Tätigkeit und Details zur USA-Reise seien nicht vorgelegt worden. „Andreas Ewald hat diese Reisen in seiner Funktion als Landesvorsitzender absolviert“, so Anders. „Sie nun als Privatsache abzutun, ist grotesk und widerspricht den Tatsachen.“ Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete, dass Ewald in der Korrespondenz mit dem US-Generalkonsulat explizit als Parteivorsitzender aufgeführt worden sei. In der Delegationsmappe sei er als „Chairman of Alliance 90/The Greens in the State of Hesse“ bezeichnet worden.
Ewald will sein Amt erst nach den Wahlen aufgeben
In ihrem Rücktrittsschreiben erinnerte Anders daran, dass Reisen, die als geldwerter Vorteil bewertet werden, Zuwendungen an die Partei darstellen könnten. „Solche Zuwendungen durch gemeinnützige Organisationen oder Staaten außerhalb der EU sind unzulässig“, so Anders. Deswegen könne sie die bei den Grünen aktuell „notwendige Veränderung und die Wiederherstellung des Vertrauens nicht vorantreiben“. Mit Blick auf Strafanzeigen gegen Vorstände und Prüfungen durch die Staatsanwaltschaft sehe sie sich nicht in der Lage, den Reformprozess mit der erforderlichen Glaubwürdigkeit zu führen.
Anders und Ewald waren erst Anfang des Jahres als Landesvorsitzende gewählt worden. Der verbleibende Vorstand kündigte an, sich nun auf den Bundestagswahlkampf zu konzentrieren. Nach der Wahl will der Vorstand den Weg für neue Vorstandswahlen frei machen. Ewald will sein Amt dann aufgeben – könnte aber als möglicher Nachrücker in den hessischen Landtag weich fallen: Am kommenden Samstag werden die hessischen Grünen in Marburg ihre Landesliste aufstellen. Unter anderem sollen Omid Nouripour und Tarek Al-Wazir gute Listenplätze erhalten, Ewald könnte dann nachrücken.
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