Streit zwischen der EU und Schäuble: Wer ist der Mächtigste im Euroland?

Berlin will einen Europäischen Währungsfonds ohne EU. Das wird in Brüssel schlecht aufgenommen. Währungskommissar Moscovici ist entsetzt.

zwei Männer im Gespräch, der linke mir erhobener Hand

Wolfgang Schäuble (l.) und Pierre Moscovici 2012, als letzterer noch Finanzminister in Paris war Foto: reuters

BRÜSSEL taz | Wer soll künftig das Sagen in der Eurozone haben? Um diese Frage ist ein heftiger Streit zwischen EU-Währungskommissar Pierre Moscovici und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ausgebrochen. Es geht um Griechenland – und um den Eurorettungsfonds ESM.

Der ESM soll nämlich einspringen, falls der Internationale Währungsfonds IWF aus dem laufenden Hilfsprogramm für Griechenland ausscheidet. Schon jetzt nimmt der Fonds, der von dem Deutschen Klaus Regling geleitet wird, an der Überwachung der Sparauflagen teil. Außerdem stützt er Athen mit Milliardenkrediten.

In Zukunft könnte der ESM sogar noch mehr Kompetenzen bekommen – und zu einem Europäischen Währungsfonds weiterentwickelt werden. Dieser „EWF“ könnte dann nicht nur überschuldeten Staaten wie Griechenland Vorschriften machen, sondern auch Euroländern wie Frankreich oder Italien. Das hat Schäuble in Interviews angedeutet.

Doch davon hält Währungskommissar Moscovici, ein Franzose, gar nichts. Die Budgetkontrolle, die bisher in seinen Händen liegt, will Moscovici nicht etwa abgeben, sondern die Rolle der EU-Kommission stärken. Die Eurozone brauche ein eigenes Schatzamt und ein eigenes Budget, sagte er, offenbar als Reaktion auf Schäuble.

Damit ist der Machtkampf voll entbrannt. Er könnte schon beim EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel eskalieren. Dort beginnen die Beratungen über die Zukunft der EU und der Eurozone. Die Bundesregierung hat eigene Pläne zur Reform der Währungsunion angekündigt.

Mehr Europa oder Schwächung der EU?

Das sorgt nicht nur in der EU-Kommission für Unruhe. Auch im Europaparlament regt sich Widerstand. „Die Bundesregierung plant einen Schlag gegen die europäische Demokratie“, warnt der grüne Europaabgeordnete und Finanzexperte Sven Giegold. Sorgen macht ihm die geplante Rolle des ESM.

Was zunächst nach mehr Europa klinge, sei in Wahrheit eine Schwächung der EU. „Die Bundesregierung will den europäischen Währungsfonds allein den nationalen Regierungen unterstellen und damit Europaparlament und EU-Kommission entmachten“, so Giegold weiter. Der ESM unterliegt nicht dem Gemeinschaftsrecht; er wurde durch zwischenstaatliche Verträge neben der EU gegründet.

Bedenken hat auch Transparency International (TI). Die demokratische Kontrolle des in Luxemburg beheimateten Fonds sei unzureichend, kritisiert TI-Experte Leo Hoffmann-Axthelm. Der ESM müsse dem EU-Recht unterworfen werden, damit er die europäischen Standards von Transparenz und Demokratie erfülle, heißt es in einem Gutachten der Organisation. ESM-Chef Regling begrüßte den Bericht: Er werde sich um mehr Transparenz bemühen, teilte er mit.

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