Streit um polnisches Verfassungsgericht: Präsident Duda ignoriert das Urteil
Die konservativen Machthaber in Polen bleiben im Streit um die Ernennung von Verfassungsrichtern hart. Kritiker befürchten eine Aushöhlung der Rechte der Judikative.
Insgesamt geht es um die Besetzung von fünf inzwischen frei gewordenen Richterstellen in dem insgesamt 15-köpfigen Gremium. Statt nur zwei der im Dezember frei gewordenen Stellen zu besetzen, ernannte das neue Parlament gleich fünf PiS-nahe Richter, die sofort von Präsident Duda vereidigt wurden.
Das sei verfassungswidrig, urteilte daher das Verfassungsgericht. Das Urteil des Gerichts, das am Mittwoch im amtlichen Gesetzblatt veröffentlicht wurde, habe keinen Einfluss auf die Entscheidung des Präsidenten, sagte der Staatssekretär im Präsidialamt, Andrzej Dera, der Agentur PAP. Der Senat sei inzwischen vollzählig.
Anderthalb Monate nach der Parlamentswahl wollen die Nationalkonservativen zudem das Gesetz über das Verfassungsgericht ändern. Kritiker sehen darin einen Versuch, dessen Rechte zu beschneiden. Nach den Plänen soll Paragraph 16 entfallen, der die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts garantiert. Urteile sollen nur noch mit Zweidrittelmehrheit gefällt werden können. Zudem sieht der Entwurf vor, dass mindestens 13 Richter anwesend sein müssen.
Ministerpräsidentin Beata Szydlo griff Kritiker ihrer Politik in einer Fernsehsprache scharf an. „Denen, die lautstark schreien, geht es nicht um die Demokratie, sondern darum, ihren eigenen Einfluss und ihre Posten zu verteidigen“, sagte sie. Am vorigen Wochenende hatten Zehntausende für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit protestiert. Der Oppositionspolitiker Grzegorz Schetyna warnte im Sender TVP Info vor einem lang andauernden Verfassungskonflikt, sollte Präsident Duda nicht einlenken.
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