Streit um laute Reeperbahn: Viel Lärm um Lärm

Eine Kneipe auf der Reeperbahn hat Streit mit ihren neuen Nachbarn. Denn im schicken Neubau um die Ecke stört die Musik aus dem Lehmitz.

Seit über 30 Jahren ist es hier laut: Kiezkneipe Lehmitz auf der Reeperbahn. Bild: dpa

Gentrifizierung ist nicht gleich Gentrifizierung. In manchen Vierteln bringen die Zugezogenen viele der Kneipen erst mit, deren nicht ganz geräuschlose Existenz sie schließlich vergrätzt. Auf St. Pauli hingegen können sich die neuen Bewohner nicht immer mit dem arrangieren, was schon viel früher da war als sie und wofür der Kiez steht.

Seit einigen Tagen wird im Netz über einen Brief diskutiert, in dem ein anonymer Musiker gegen Yuppies auf der Reeperbahn wettert. Im „Lehmitz“, einer Kneipe auf der Reeperbahn, müssten wegen Beschwerden eines Nachbarn immer häufiger Konzerte abgebrochen werden. An der Eingangstür klebt das Schreiben, in dem er sich an die „nicht-geehrten Nachbarinnen und Nachbarn“ aus der Seilerstraße wendet. Denn da vermutet er den lärmempfindlichen Nachbarn. Das Lehmitz gibt es seit 30 Jahren, „eure Behausung ist vielleicht seit einigen Monaten fertiggestellt“, heißt es in dem Brief. „Und ihr denkt tatsächlich, dass jetzt alle nach eurer Pfeife tanzen?“

In einem zweiten Schreiben, das nun ebenfalls an der Scheibe des Lehmitz klebt, findet sich eine Antwort aus der Seilerstraße: Zwar sei die Argumentation völlig richtig, deshalb dürften aber nicht alle neuen Nachbarn über einen Kamm geschoren werden.

Laut Davidwache hat es seit Juli sechs Polizeieinsätze im Lehmitz gegeben, den bisher letzten am 30. November. Alle sechs Beschwerden kamen vom selben „Beschwerdeführer“ aus der Seilerstraße, heißt es, und immer ging es um die Lautstärke im Lehmitz.

Zu laut wurde es der Polizei zufolge immer dann, wenn die hintere Tür in Richtung Seilerstraße offenstand. Bisher sei aber kein Konzert beendet worden, und die Musik habe auch nicht leiser gedreht werden müssen, heißt es aus der Davidwache. Die Betreiber seien lediglich aufgefordert worden, die Tür zu schließen.

„Vielfalt und Toleranz“

Das Haus, in dem der Beschwerdeführer wohnt, ist ein Neubau, die Wohnungen wurden für 328.000 Euro angeboten – bei 91 Quadratmetern. Die Penthouse-Wohnungen kommen teurer, beworben wurde die Immobilie als „in zentraler und ruhiger Wohnlage“ gelegen – unter dem Slogan „Vielfalt und Toleranz“.

„Es ist bekannt, dass es immer wieder Beschwerden wegen Lärmbelästigung gegeben hat“, sagt Sorina Weiland, Pressesprecherin des Bezirks Mitte. Hier konkurrierten einfach zwei verschiedene Interessen und Rechtslagen: Die Anwohner wollten Ruhe und hätten auch Anspruch darauf, die Betreiber des Lehmitz hätten seit Jahrzehnten eine Konzession und dürften in diesem Rahmen Lärm machen.

Dem Lehmitz legte der Bezirk nahe, auf eigene Kosten eine Lärmmessung zu machen. Dass man bei dem Lärmgewusel auf der Reeperbahn aber so genau sagen kann, wer der Verursacher ist, glaubt das Bezirksamt selber nicht.

Der Bezirk Mitte will nun im Konflikt zwischen Kneipenbetreibern und neuen Bewohnern eine Lösung finden. Am Ende könnte es darauf hinauslaufen, dass die Lehmitz-Betreiber beim Schallschutz nachrüsten.

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