Streit um den Bundeshaushalt: „Klempner der Macht“?
So hat Unionschef Merz den Bundeskanzler bezeichnet. Was bedeutet das eigentlich? Wir haben bei Klempner Scholz und Klempner Merz angerufen.
Es war der einzige Satz, der hängen blieb, und man kann wohlmeinend sagen, dass das immerhin einer mehr ist als bei der Rede von Olaf Scholz. Aber was meinte Merz mit dem Bild vom „Klempner“ – jemanden, den man zu Hilfe ruft, wenn das stinkende Chaos ausbricht?
Die taz hat ein Dutzend Sanitärfirmen mit dem Namen Scholz angerufen. Außer ein paar Anrufbeantwortern wollte keiner sprechen. „Also ich fände das fantastisch!“, sagt Frau Scholz, die bei der Sanitärfirma Scholz in Berlin-Neukölln ans Telefon geht.
„Ich hab meinem Mann gut zugeredet, mit Ihnen zu sprechen, gestern Abend im Bett. Aber er ist zu bescheiden.“ Ein anderer Scholz aus der Nähe von Bremerhaven sagt auf Anfrage der taz: „Ich sitze hier gerade vor ’ner Heizung.“ Wir lernen: Klempner sind viel beschäftigt und zurückhaltend. War es das, was Friedrich Merz meinte?
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Klempner sind die absoluten Spezialisten
Ein Anruf beim Branchenverband Sanitär und Heizung: „Ich weiß nicht, was Herr Merz damit sagen wollte“, sagt ein Sprecher. „Der arme Redenschreiber, der sich das ausgedacht hat.“ Klempner seien „absolute Spezialisten“. Klempner, so lernen wir weiter, bezeichnet ursprünglich Berufe, in denen Bleche verarbeitet werden.
In der Umgangssprache hat er sich als Begriff für Sanitär- und Heizungsinstallateure gehalten, da dies früher derselbe Beruf war. Heute arbeiten echte Klempner vor allem auf dem Dach, an Metalldächern und Fassaden.
Alexander Merz ist beides: Klempnermeister und Sanitär- und Heizungsbauer im Schwarzwald. Wenn kein Klempner Scholz sprechen will, kann vielleicht er weiterhelfen.
wochentaz: Herr Merz, ihr Namensvetter Friedrich hat Bundeskanzler Olaf Scholz als „Klempner der Macht“ bezeichnet. War das jetzt ein Kompliment oder eine Beleidigung?
Alexander Merz: Das hab ich mich auch gefragt. Klempner ist ja ein ehrbarer Handwerksberuf. Vielleicht kann man da was hineininterpretieren. Wir verarbeiten Blech, müssen auch mal was verbiegen. Ich weiß nicht, warum man das als Beleidigung nehmen muss.
Was sagen Sie zum Haushaltsstreit der Bundesregierung?
Ich habe das Gefühl, jeder muss sich profilieren, die anderen Parteien schlecht dastehen lassen, statt konstruktiv zusammenzuarbeiten. Bei uns ist man zu zweit oder zu dritt und arbeitet ruhig zusammen, und dann freut man sich abends über das, was man geschafft hat.
Sie führen einen Klempnerei- und Sanitärbetrieb in Lossburg im Schwarzwald.
Ja, schon in fünfter Generation! Wir sind ein Zwölf-Mann-Betrieb, aber die meisten machen Heizung.
Heizungsbauer sind ja sehr gefragt. Sie sollten wenig Gründe haben, sich über die Ampel zu beschweren, oder?
Ja, aber es ist Fluch und Segen. Wir verbauen auch viele Wärmepumpen, aber neue Heizungen sind teuer und die Leute werden dazu gedrängt.
Wie läuft denn das Geschäft?
Normalerweise sind die Auftragsbücher voller zu dieser Jahreszeit. Wegen des Haushaltsstreits wissen wir nicht, wie es weitergeht. Wir schreiben viele Angebote, aber die Kunden warten ab, weil sie nicht wissen, ob sie die Förderungen der Regierung bekommen oder nicht.
Was macht denn einen guten Klempner aus?
Räumliches Denken, gern draußen arbeiten. Es entsteht immer etwas ganz Individuelles, man muss detailverliebt sein.
Wäre Olaf Scholz ein guter Klempner?
Schwierig. Ich weiß nicht, ob er handwerklich so geschickt ist.
Und Friedrich Merz?
Also ich will nicht sagen, dass er ein schlechter Politiker ist, aber ein guter Klempner, das glaube ich nicht. Er soll seiner Arbeit nachgehen und nicht nur austeilen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs