Streit um Wasserkraftwerk in Guatemala: Hilfe für aggressives Unternehmen
Indigene protestieren gegen einen spanischen Investor. Sie fordern den Dialog, doch die Regierung geht mit Polizei und Militär gegen sie vor.
HAMBURG taz | „Was fehlt, ist der Dialog“, ärgert sich Isaac Valverde Gómez. Der 22-jährige Student ist sauer auf die Politik der Regierung in Guatemala-Stadt – und auf das rigide Vorgehen des von spanischem Kapital dominierten Stromkonzerns Hidro Santa Cruz. Das ist nach Santa Cruz Barillas, einem abgelegenen Städtchen im Norden des mittelamerikanischen Landes, gekommen, um die dortigen Wasserfälle für die Energiegewinnung zu nutzen.
Doch nie wurden die Pläne der lokalen Bevölkerung vorgestellt, nie hat man die Mam-Maya gefragt, was sie von dem konkreten Projekt halten. „Das ist aber unser Recht und das klagen wir ein“, erklärt der Student, einer der Wortführer der Protestierenden. „Das Unternehmen ist von vornherein aggressiv aufgetreten. Es hat das Areal um den Wasserfall abgesperrt, Zäune gezogen und bewaffnete Wachleute aufgestellt“, sagt Valverde. Er ist nicht alleine. Inzwischen wehrt sich die ganze Region, die aus acht Gemeinden besteht.
Dort sind mehrere kleine Wasserprojekte geplant, die Strom generieren sollen. Finanziert wird ein Teil der Investition aus einem norwegischen Entwicklungsfonds, umgesetzt hingegen von der spanischen Ecoener-Hidralía Energía. Diese hat in Guatemala eine Tochter namens Hidro Santa Cruz gegründet. Hidro Santa Cruz rede nur mit den Beamten, nicht aber mit der Bevölkerung, kritisiert auch Ermitaño López, ein weiterer Wortführer des Widerstands: „Das Unternehmen hat sich illegal in unserer Gemeinde breitgemacht, Leute eingeschüchtert, kriminalisiert und versucht, die Bevölkerung zu spalten.“
Massive Vorwürfe, die aber nicht jeder Grundlage entbehren, sagt Bischof Alvaro Ramazzini. Angeblich wurden sogar Anwohner von einem Pick-up der Elektrizitätsfirma aus angeschossen. Der 65-jährige Geistliche, der für mehr Partizipation der Bevölkerung eintritt, ist von allen Seiten als Vermittler anerkannt. Er soll seit Anfang Oktober die Wogen glätten.
Die Betroffenen fühlen sich im Recht: Bereits im Juni 2007 haben sie sich in einer Volksabstimmung bereits eindeutig gegen Projekte wie den Bau von Wasserkraftwerken, Bergbau- und Ölförderanlagen ausgesprochen. Damals beteiligten sich knapp 50.000 der rund 127.000 AnwohnerInnen des Stadtkreises Barillas – hauptsächlich Angehörige des Maya-Volkes Canojbal. Nur neun Personen stimmten dafür.
Regierung will Projekte mit Gewalt durchdrücken
Doch die Regierung versuchte lange, den Unmut zu unterdrücken. Dabei wurde Hidro Santa Cruz massiv von Militär und Polizei unterstützt, die von Guatemalas Präsident Otto Pérez Molina in Marsch gesetzt wurden. Pérez Molina, ein Exmilitär, wollte das Projekt mit Gewalt durchdrücken. Im Februar 2013 sprach er bei einer Visite in Madrid von „kleinen Umweltgruppen“, die „Fehlinformationen“ verbreiten. Die Mehrheit der Bevölkerung stehe hinter dem Bürgermeister und der Investition.
Nicht ganz richtig, wie die Straßenblockaden Anfang Oktober zeigten, als der Präsident zum runden Tisch nach Huehuetenango kam. Erneut wurden bekannte Gegner des Projekts verhaftet, erneut patrouillierten Polizei und Militärs in der Region, klagt Bischof Ramazzini. „Das schafft kein Ambiente, in dem die Bevölkerung sich ernst genommen fühlt – das ist das Grundproblem.“
Für eine bessere Kommunikation soll eigentlich die Konvention 169 über die „Rechte der indigenen Völker“ der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sorgen. Diese hat Guatemala bereits 1996 unterzeichnet. „Bis heute fehlt allerdings ein verbindliches gesetzliches Procedere der Umsetzung. Der Konflikt wäre also vermeidbar gewesen“, sagt Bischof Ramazzini. Er hofft, dass die Aufnahme des Dialogs Früchte tragen wird. „Aber es wird Jahre dauern, denn es gibt schlicht kein Vertrauen“, schätzt der Bischof.
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