Streit um Termin für CDU-Parteitag: Machtkampf entschärft

Laschet, Röttgen und Merz einigen sich: Der CDU-Parteitag soll Mitte Januar stattfinden, die Wahl des Vorsitzenden als Mix aus Digitalem und per Brief.

Norbert Röttgen, Friedrich Merz and Armin Laschet

Endlich versöhnt: die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz Foto: Michael Kappeler/X80003

BERLIN taz | Seit Samstagabend ist klar: Es gibt eine Einigung im heftigen Streit zwischen Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen. Der CDU-Bundesvorstand hatte wegen Corona den Parteitag in Stuttgart am 4. Dezember abgesagt, ohne eine neuen definitiven Termin zu nennen. Merz hatte die Verschiebung scharf als Versuch des Parteiestablishments kritisiert, ihn als CDU-Chef zu verhindern.

Am Samstag verkündete CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nun einen Kompromiss. Am 16. Januar soll ein Parteitag den neuen Vorstand wählen. Falls das wegen der Pandemie nicht live möglich ist, soll die Wahl online erfolgen, am Ende sollen die Delegierten das Ergebnis per Brief beglaubigen. Die Details soll der CDU-Vorstand am 14. Dezember klären.

Die überraschende Einigung kam zustande, weil Merz am Freitag ein Friedenssignal gesendet hatte. Per Twitter erklärte er „in der Partei sehr viel Zustimmung, aber auch Kritik bekommen“ zu haben. Und: „Die Kritik nehme ich sehr ernst.“ Es folgten Telefonkonferenzen der drei Kandidaten – das Ergebnis verkündete dann Ziemiak am Samstagabend per Twitter.

Dieser Kompromiss hatte einen Vorlauf. In der CDU hatte es in der letzten Woche gebrodelt. Während Merz in fast allen Medien für seine rabulistische Wortwahl als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt wurde, war das Meinungsbild in der CDU etwas vielfältiger. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer erwähnte im Spiegel zwar süffisant, dass „auch Merz-Unterstützer im Bundesvorstand seine Äußerungen als kränkend“ empfanden. Doch in der Sachfrage, bis wann man die Entscheidung vertagen kann, hatte Merz seine Fürsprecher.

Südwest-CDU drängte auf baldigen Parteitag

Am Mittwoch bekam Paul Ziemiak Post aus Stuttgart. Die dortigen Christdemokraten appellierten dringlich an die Bundes-CDU, nach der Absage des Parteitags in Stuttgart zu handeln. „Der 33. Bundesparteitag soll schnellstmöglich, spätestens jedoch bis zum 15./16. Januar 2021, stattfinden“, so die Aufforderung. In Baden-Württemberg wird Mitte März der neue Landtag gewählt. Die Partei dort kann eine Personaldebatte mitten im Wahlkampf nicht gebrauchen. Zudem genießt Merz im Südwesten viele Sympathien.

Das Konrad-Adenauer-Haus, so die Aufforderung aus Stuttgart, solle diesen Vorschlag berücksichtigen“. Es gehe um „eine funktionierende Demokratie“ und „die Handlungsfähigkeit der CDU“. Die Südwest-Christdemokraten schlugen sich damit nicht ganz auf die Seite von Merz und dessen aggressiver Rhetorik. Aber dessen sachliches Kernanliegen – keine vage Verschiebung, definitive Planungen – unterstützten sie. Die Welt berichtete, dass es auch in anderen Landesverbänden – Hamburg, Brandenburg. Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt – Bestrebungen gab, Druck auf den Bundesvorstand zu machen, um doch zu einem baldigen Parteitag zu kommen.

Die drei Kandidaten bekunden nun Einverständnis mit dem Kompromiss, den sie ausgehandelt haben. Merz „begrüßt die Einigung auf einen Parteitag Mitte Januar 2021 sehr“. Armin Laschet betont, ganz Staatsmann, dass es in erster Linie um die Pandemiebekämpfung gehe und „unser gemeinsamer Vorschlag“ dazu diene, „Klarheit für das neue Jahr“ zu schaffen. Das klingt leicht verschnupft. Der Zeitplan des Bundesvorstandes, den Laschet vorangetrieben hatte, hielt damit ja keine Woche. Auch das ist ein Zeichen, wie tief die Krise der Partei ist.

Und fraglich ist, ob der Plan aufgeht. Der Kompromiss in Sachen Parteitag ist rechtlich nicht so wasserdicht, wie derzeit alle suggerieren. Ein Präsenzparteitag Mitte Januar dürfte auch dezentral eher nicht möglich sein. Annegret Kramp-Karrenbauer wirbt dafür, digitale Wahlen möglich zu machen – ob dafür eine Grundgesetzänderung erforderlich wäre, ist unklar. Falls ja, darf bezweifelt werden, ob im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit der Union jetzt schnell aus ihrer Verlegenheit helfen will.

Der CDU-Kompromiss setzt daher auf ein anderes Verfahren vor: Der neue Vorstand wird digital gewählt, und das Ergebnis in toto von den Delegierten per Brief bestätigt. Dieser Vorschlag hat offenbar die spektakuläre Einigung möglich gemacht. Eine Briefwahl des gesamten Vorstands würde bis zu drei Monate dauern.

Doch auf der sicheren Seite ist die CDU damit nicht. Vor knapp drei Wochen hat die Große Koalition das Parteiengesetz geändert. Demnach ist ein digitaler Wahlparteitag nur möglich, wenn alle KandidatInnen für den Vorstand per Briefvotum gewählt werden. Von einer digitalen Abstimmung und nachträglicher Briefwahl ist in dem Gesetz keine Rede.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.