Streit um Subventionen: LNG-Terminalbetreiber verklagen EU
Die Betreiber des Flüssiggasterminals in Stade klagen gegen die Beihilfe für einen Terminal in Brunsbüttel. Dort ist der Bund zu 50 Prozent beteiligt.
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Die Klage des Stader Projektentwicklers richtet sich gegen die EU-Kommission, die dem Terminal in Brunsbüttel eine staatliche Beihilfe von 40 Millionen Euro genehmigt hatte – eine Förderung, die das Stader Vorhaben nicht bekommt. Gegen das Stader Vorhaben wiederum klagt der BUND, weil der Terminal die Klimaschutzbemühungen Deutschlands torpediere.
Die beiden festen, das heißt an Land gebauten, Terminals in Stade und Brunsbüttel sollen die schwimmenden LNG-Terminals ablösen, mit denen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) die Gasversorgung ad hoc sicherstellte, nachdem die Lieferungen aus Russland stark gedrosselt worden waren. Umweltschützer kritisieren die Terminals wegen der Klimaschädlichkeit des Flüssiggases.
An dem Terminal in Stade wird seit Ende Juni gebaut. Betreiber ist der Hanseatic Energy Hub (HEH), ein Konsortium aus dem Hafenlogistiker Buss, der Schweizer Investmentgesellschaft Partners Group, dem spanischen Netzbetreiber Enagás und dem US-Chemiekonzern Dow, der in Stade ein großes Werk betreibt. Die Anlage soll ab Ende 2026/Anfang 2027 rund zehn Milliarden Kubikmeter Erdgas herstellen – durch Regasifizierung des per Schiff angelandeten LNG.
Beihilfe soll Abhängigkeit von Russland beenden
Für den festen Terminal in Brunsbüttel wird gerade die Baustelle vorbereitet. An dem Betreiberkonsortium German LNG ist die staatliche KFW-Bankengruppe zur Hälfte beteiligt. Die andere Hälfte halten das im niederländischen Staatsbesitz befindliche Energieinfrastrukturunternehmen Gasunie und der Energiekonzern RWE. Die Inbetriebnahme ist zeitgleich mit dem Terminal des HEH in Stade geplant.
Die Beihilfe für den Terminal in Brunsbüttel hat die EU-Kommission damit gerechtfertigt, dass er „zur Sicherheit und Diversifizierung der Energieversorgung in Deutschland beitragen“ und helfen werde, „die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland zu beenden“. Die Beihilfe habe einen Anreizeffekt: Ohne sie hätten sich die privaten Investoren nicht an German LNG beteiligt. Im übrigen sei die Beihilfe so konstruiert, dass sie schrumpfe, sofern der Terminal eine bestimmte Renditeschwelle überschreite. Unterm Strich überwögen die positiven Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit die wettbewerbsrechtlichen Bedenken.
Der Stader Betreiber Hanseatic Energy Hub bestreitet, dass die Konsortialpartner von German LNG einen finanziellen Anreiz bräuchten, um in Brunsbüttel zu investieren. Schließlich baue HEH in Stade ja auch ohne staatliche Förderung. Würde German LNG etwas höhere Preise verlangen, wäre die Beihilfe unnötig. Außerdem sei die Beihilfe de facto höher als von der EU-Kommission veranschlagt: Denn schon die 50-prozentige staatliche Beteiligung über die KFW stelle eine Beihilfe dar – das Bundeswirtschaftsministerium rechnet mit Gesamtinvestitionskosten von rund 1,3 Milliarden Euro.
Die Förderung, so die Kläger, setze den Fehlanreiz, eine möglichst niedrige Rendite zu erwirtschaften, weil damit die Beihilfe maximiert werden könne – denn die verringert sich ja, wenn die Betreiber ordentlich Gewinn machen. Zudem verzerre die Beihilfe den Wettbewerb, weil sie es German LNG ermögliche, auf dem Gasmarkt niedrigere Preise aufzurufen als die Konkurrenz.
Klage von BUND und Umwelthilfe
Gegen das Vorhaben in Stade hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Niedersachsen im März Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erhoben. Unterstützt wird der BUND dabei von der Deutschen Umwelthilfe. „Durch den Bau des ersten festen, landseitigen LNG-Terminals in Stade werden fossile Infrastrukturen für die nächsten Jahrzehnte zementiert und neue, langjährige Abhängigkeiten geschaffen“, warnte die BUND-Landesvorsitzende Susanne Gerstner. Der Bau entspreche nicht den Bedürfnissen einer zukünftigen klimaneutralen Energieversorgung.
Gegen die Genehmigung des weniger fortgeschrittenen Projekts in Brunsbüttel hat der BUND Schleswig-Holstein Ende Juni eine förmliche Einwendung mit der gleichen Argumentation verschickt: Investitionen in Flüssiggasanlagen trügen in bedeutsamer Weise zur Erderhitzung bei. Würden sie genehmigt, führe das zu einem fossilen Lock-In.
Das Bundeswirtschaftsministerium hofft, diese Effekte zu vermeiden, indem die Anlagen auf eine klimaneutrale Nachnutzung ausgelegt werden. „Schon jetzt müssen Anlagenkomponenten, die nicht oder nur durch unverhältnismäßige Kosten umgerüstet werden können, so geplant und errichtet werden, dass sie für den Betrieb mit Wasserstoff oder Derivaten spätestens ab 2044 nutzbar sind“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums.
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