Streit um Sicherheitsanalyse: The Great Gorleben Swindle
Umweltschützer verlangen den Abbruch der Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben. Sie mache die „ergebnisoffene“ Endlagersuche zur Farce.
GÖTTINGEN taz | Atomkraftgegner fordern den Abbruch eines laufenden Großforschungsprojekts zum möglichen Endlagerstandort Gorleben. Die derzeit unter großem finanziellen und personellen Aufwand erarbeitete Vorläufige Sicherheitsanalyse Gorleben schaffe die Genehmigungsgrundlagen für ein Endlager in Gorleben, kritisierten Umweltschützer am Donnerstag.
Der von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) angekündigte Neuanfang bei der Suche nach einem Endlager sei deshalb gar keiner, sagte Asta von Oppen, die Vorsitzende des Vereins Rechtshilfe Gorleben. Röttgen hatte die Studie 2010 in Auftrag gegeben und dafür knapp 9 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Ende dieses Jahres soll das Ergebnis vorliegen.
Die meisten der rund 80 beteiligten Wissenschaftler hätten sich in der Vergangenheit schon für ein Endlager in Gorleben starkgemacht oder seien eng mit der Atomwirtschaft verflochten, lautet ein Vorwurf. Die Federführung bei der Sicherheitsanalyse hat die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit. Ihr technisch-wissenschaftlicher Geschäftsführer saß vor Kurzem noch im Präsidium des Deutschen Atomforums.
Die DBE Technology ist eine Tochter der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern, die zu 75 Prozent den Atomkonzernen gehört und direkt an den Arbeiten in Gorleben verdient. Unmittelbar vor Auftragsvergabe wurde die Firma Nuclear Safety Engineering gegründet – alleiniger Gesellschafter ist der Atomlobbyist und frühere Vattenfall-Manager Bruno Thomauske.
„Methodenimmanenter Zwang“ für Gorleben
Die Sicherheitsanalyse sei – anders als von Röttgen behauptet – keineswegs ergebnisoffen, sie nenne auch keine Abbruchkriterien für Gorleben, sagte der atomkraftkritische Geologe Jürgen Kreusch. Es bestehe „ein methodenimmanenter Zwang, in Gorleben weiterzuarbeiten“.
Der Hamburger Rechtsanwalt Nikolaus Piontek lenkte den Blick auf den zurzeit diskutierten Gesetzentwurf des Umweltministeriums zur Endlagersuche. Danach soll die Auswahl des künftigen Standortes unter Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange erfolgen. Zu diesen Belangen zähle die Sicherheitsanalyse ebenso wie die bereits in Gorleben gebauten Atomanlagen, die jahrzehntelange Untersuchung des Salzstocks und die dafür investierten 1,8 Milliarden Euro. „Die Gleise in Richtung Gorleben werden verlegt und alle sich auftürmenden Hindernisse werden beiseitegeräumt“, sagte Piontek.
Die Rechtshilfe Gorleben fordert den sofortigen Abbruch der Sicherheitsanalyse. Anderenfalls, so Asta von Oppen, „ist das Gerede von einer ergebnisoffenen und sicherheitsorientierten Standortsuche eine Farce“.
Leser*innenkommentare
Karl
Gast
Eine "ergebnsioffene Endlagersuche" ist ein Widerspruch in sich selbst, jedenfalls zu jetzigen Zeitpunkt.
Denn es ist aus materialwissenschaftlicher Sicht bisher nicht möglich auch nur hinreichend beständige Behälter für hochaktiven Abfall zu bauen.
Und die nachfolgende Problematik beim möglichen Nuklidkontakt zur "Diapirmasse" mit Kristallwassermigration und anderen lustigen Effekten verbietet aufgrund des Sachstandes jede weitere Erwägung von Diapirstrukturen für hochaktiven Nuklidmüll- ganz einfach.
Glück auf!
Karl
getoba
Gast
Schon vor Jahrzehnten wurden negative Stimmen zu Gorleben - selbst wenn sie von renomierten Wissenschaftlern und Geologen kamen - ignoriert, heruntergespielt und verunglimpft.
Warum sollte das jetzt plötzlich anders werden ?
Ein Atomendlager ist per se eine Unmöglichkeit - Nochmal einen Standort durchdrücken wird ziemlich unmöglich sein, also muß Gorleben durchgezogen werden. Die für die Standortwahl ursprünglich Verantwortlichen sind inzwischen in Rente oder schon tot. Besser kann es doch garnicht laufen:
Man muss jetzt, weil man ja nicht mehr anders kann und die Schuldigen sind längst weg vom Fenster !
Norbert & Co tun ja nur noch das, was eh' nicht mehr zu ändern ist ! (sarc!)
Herr Sommer
Gast
Ist es denn überhaupt noch möglich, in Sachen Gorleben irgend etwas Sinnvolles und wissenschaftlich Standfestes zu behaupten?
Jeder, der sich vom Standpunkt her auch nur irgendwohin aus dem Fenster lehnt, wird doch sofort von der Seite, der das nicht passt, zusammengebrüllt bis er taub ist. Und alle Umstehenden gleich mit.
Warum zum Geier ist es nicht drin, normal über das Ganze zu reden? Warum sind immer "die Andersmeinenden" böse, unehrlich und stecken mit "den Feinden" unter einer Decke?
Homo sapiens? Na ja!
Herr Sommer