Streit um Rederechtsreform im Bundestag: Verfassungsklage gegen den Maulkorb
Künftig sollen im Bundestag nur Abgeordnete mit Zustimmung ihrer Fraktion sprechen dürfen. Nun drohen Politiker parteiübergreifend mit Verfassungsklagen.
BERLIN dpa | Im Streit um das Rederecht im Bundestag drohen mehrere Abgeordnete mit einer Verfassungsklage. „Ich werde mir nicht das Recht nehmen lassen, das zu sagen, was mein Gewissen gebietet, und wenn hier eingegriffen wird, dann muss man als freigewählter Abgeordneter dagegen vorgehen“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch am Montag im Deutschlandfunk. Notfalls bedeute das eine Verfassungsklage.
Auch der Grünen-Parlamentarier Hans-Christian Ströbele kann sich den Gang zum Bundesverfassungsgericht vorstellen. „Ich bin da guter Hoffnung, dass – wenn nicht die Fraktionsführungen von FDP, CDU, CSU und SPD jetzt zur Vernunft kommen – dass dann das Bundesverfassungsgericht hilft“, sagte Ströbele im ZDF-„Morgenmagazin“.
Union, SPD und FDP wollen das Rederecht im Bundestag neu regeln. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung sollen künftig nur die Parlamentarier im Plenum das Wort erhalten, die von den Fraktionen dazu bestimmt wurden. Andere Abgeordnete dürfte der Bundestagspräsident dann nur noch ausnahmsweise und maximal drei Minuten lang reden lassen – und auch dies nur nach Rücksprache mit den Fraktionen. Darüber solle am 26. April im Bundestagsplenum abgestimmt werden. Gegen die Pläne gibt es erhebliche Proteste – auch in Reihen von Koalition und SPD.
„Die Fraktionsgeschäftsführer betrachten das Parlament als Gegenstand ihrer eigenen Inszenierung, bei der sie selbst Intendant sein wollen“, sagte der als „Euro-Rebell“ bekanntgewordene Willsch. „"Ich habe mich gefragt, was als nächstes kommen soll. Ob als nächstes das Publizierungsverbot oder der Hausarrest kommt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?