Streit um Mietobergrenzen: SPD-Politiker gegen Deckel
Im Wahlkampf 2018 forderte Andrea Nahles eine radikale Mietenbremse. Hamburgs Bürgermeister will davon nichts mehr wissen.
In Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt dürfen Mieten derzeit innerhalb von drei Jahren um höchstens 15 Prozent erhöht werden. „Die Kappungsgrenze sollte auf zehn Prozent in drei Jahren gesenkt werden“, sagte Tschentscher der Nachrichtenagentur dpa.
Tschentscher widerspricht damit aber nicht nur dem rechtlich umstrittenen Berliner Vorschlag für einen landesweiten Mietendeckel. Der Berliner rot-rot-grüne Senat betritt damit Neuland, weil die Miethöhe bisher vom Bund geregelt wird.
Zugleich positioniert sich der Hamburger Erste Bürgermeister auch gegen das Papier „Mietenwende jetzt“ von Nahles und Schäfer-Gümbel, die vorgeschlagen hatten, dass Mieten „in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten für 5 Jahre nur in Höhe der Inflation steigen dürfen“. Die Inflationsrate lag 2018 bei 1,8 Prozent, in den Jahren davor war sie geringer.
Nahles und Schäfer-Gümbel hatten ihre Vorschläge im vergangenen Jahr kurz vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen präsentiert. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak warf der SPD damals „ein durchsichtiges Manöver für den Wahlkampf “ vor.
Abweichender Vorschlag von SPD-MdB Tausend
Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Claudia Tausend hatte in der vergangenen Woche eine Forderung präsentiert, die von Nahles' und Schäfer-Gümbels Mietenstopp abweicht. Auf dem „Tag der Immobilienwirtschaft“ des Lobbyverbands ZIA sagte die stellvertretende Sprecherin der Arbeitsgruppe Stadtentwicklung der SPD-Fraktion, ihre Partei habe das Thema „Mietenstopp in den Raum gestellt“. Das bedeute „im Kern eine Absenkung der Kappungsgrenze auf zehn Prozent in fünf Jahren“. Auch damit könnte die Mietensteigerung aber noch über der der jetzigen Inflationsrate liegen.
Gegenüber der taz sagte Tausend, ihr jetziger Vorschlag stehe „nicht im Widerspruch“ zum „Mietenwende“-Papier von Nahles und Schäfer-Gümbel. „Damit soll die Inflation ausgeglichen werden.“ Auf die Nachfrage, warum der Inflationsausgleich bei ihrem Vorschlag nicht exakt berechnet werde, sagte sie: „Wir reden jetzt von einem Gesetzgebungsverfahren, das es nicht gibt.“ Käme es dazu, würden Experten in den Anhörungen präzise Regelungen vorschlagen.
Ein Sprecher des SPD-Vorstands sagte zur taz, „der Vorschlag von Andrea Nahles und Thorsten Schäfer-Gümbel zur Mietenwende“ habe „an Aktualität nichts eingebüßt“. „Gleichwohl willkommen“ seien „andere Vorschläge, die zum Ziel haben, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen beziehungsweise zu erhalten“.
Tschentscher hatte der dpa gesagt, ein vollständiger Mietendeckel untergrabe die Investitionsbereitschaft für den Wohnungsbau. In Berlin will der Senat bis Oktober ein Gesetz für den Mietendeckel beschließen. Noch ist unklar, ob es einen Inflationsausgleich vorsieht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten