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Streit um Mappus-DealAltlast bleibt am Ländle hängen

Baden-Württemberg versucht, einen Teil des EnBW-Kaufpreises zurückzubekommen – und scheitert vor einem Schiedsgericht.

Hier versucht er gerade den EnBW-Kauf zu rechtfertigen: Stefan Mappus 2010 Foto: dpa

Freiburg taz | Das Land Baden-Württemberg bleibt auf dem Kaufpreis sitzen, den es im Dezember 2010 für 45 Prozent der EnBW-Anteile bezahlt hatte. Das hat jetzt das Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer ICC entschieden.

Anlass der Klage des Landes war eine Altlast aus der Ära von Stefan Mappus (CDU). Der damalige Ministerpräsident hatte in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ein Aktienpaket des Karlsruher Energiekonzerns für 4,7 Milliarden Euro von der französischen EDF übernommen. Dabei hatte er nicht nur deutlich mehr als den damaligen Marktpreis der Aktien bezahlt, sondern auch noch den Landtag umgangen. Dies stufte der Staatsgerichtshof des Landes anschließend als verfassungswidrig ein.

Heute ist Mappus Vorstand einer IT-Beratungsfirma. Nachdem ihn die Wähler im März 2011 aus dem Amt katapultiert hatten, wollte die grün-rote Regierung das für die Landeskasse desaströse Geschäft zumindest teilweise korrigieren. Im Februar 2012 klagte sie vor dem Schiedsgericht gegen die EDF auf Rückzahlung von 840 Millionen Euro. Aufgrund des europäischen Beihilferechts bestehe bei einem überhöhten Kaufpreis ein Rückforderungs- beziehungsweise Rückabwicklungsanspruch.

Das Land berief sich darauf, dass es in den Akten zum Kauf keine Hinweise darauf gab, dass der Preis mittels anerkannter Standards ermittelt und überprüft worden war. Bei einer Überprüfung des Deals hatte bereits die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton AG dargelegt, dass die Bewertung Mängel aufwies. Ebenso untermauerte ein von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenes Wertgutachten die Auffassung des Landes.

Die neue Finanzministerin ist „überrascht“

Dem allen folgte das Schiedsgericht jedoch nicht. Die neue grüne Finanzministerin Edith Sitzmann zeigte sich „überrascht“ und sagte: „Wir bedauern das Ergebnis sehr.“ Über weitere Details oder die weitere Vorgehensweise des Landes wollte sie noch nicht sprechen, denn der Schiedsspruch fiel auf ihren ersten Arbeitstag als Ministerin. Bestätigt sah sich freilich Mappus, der aus der Entscheidung schloss, die Klage sei „politisch motiviert, aber sachlich unbegründet“. Einst hatten alle Beteiligten den Gang vor ein ordentliches Gericht im Kaufvertrag ausgeschlossen. Eine transparente juristische Aufarbeitung des Falls ist also verbaut: Schiedsverfahren finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die Unabhängigkeit privater Gerichte steht in Zweifel. So sieht sich die ICC laut ihrer Selbstdarstellung als „branchenübergreifende Vertretung der Weltwirtschaft gegenüber internationalen Institutionen und nationalen Regierungen“. Deshalb sind solche Schiedsgerichte, auch beim US-europäischen Freihandelspakt TTIP umstritten.

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7 Kommentare

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  • Die Sachlage ist eindeutig: EnBw hat mehr geld also folglich auch recht

  • Mich würde mal interessieren, was uns diese elende Atom-Lobbypolitik der CDU/CSU insgesamt gekostet hat und wieviel dafür jeder monatlich abdrücken darf und wieviel unsere Kinder und Enkel dafür noch zahlen müssen? Kann das jeamand beziffern?

  • Tja, ich kann nur wieder mal auf meine Petition hinweisen, welche die Abschaffung des "Investorenschutzes" auch in bestehenden Verträgen fordert. Titel "Keine Sonderrechte für ausländische Investoren", also eigentlich eine Selbstverständlichkeit in einer souveränen Demokratie.

  • Natürlich schließe ich mich den Vorbehalten gegen diese Art von "Schiedsgerichten" (letzter Absatz des Artikels) uneingeschränkt an. Allerdings werde ich dann gleich etwas kleinlauter, wenn ich mir vor Augen führe, dass dieser halbseidene Herr Mappus - wenigstens sind wir ihn in der Politik los! - bei all dem Dreck, den er - für den gesunden Menschenverstand offensichtlich - am Stecken hat, von der deutschen Justiz doch erstaunlich zartfühlend behandelt wurde und weiterhin frei herumläuft. Wer will da noch mit Steinen Richtung ICC schmeißen...

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Hallo BawÜ! Hallo Grünschwarz!

     

    Das ICC-Schiedsgericht hat nur ein Vorgeschmäckle auf TTIP geliefert.

  • Wieso können wir eigentlich nicht Mappus auf Schadensersatz verklagen? Er hat verfassungswidrig fast eine Milliarde Euro verschleudert.

     

    Und wieso kann eigentlich jemand den Gang vor ein ordentliches Gericht ausschließen, wenn seine Handlungen Verfassungwidrig sind? Vielleicht kann man das Geld von EDF (in Französischer Jurisdiktion) nicht zurückfordern. Man kann aber wenigstens Mappus dafür haftbar machen.

     

    Mal sehen, wie lange sein Privatvermögen hält, und wie viele Tagessätze der Rest ausmacht.

     

    Verkäufer werden für 1€ Unterschlagung gefeuert. Mappus schiebt einem ausländischen Unternehmen fast eine Milliarde Euro zu und bleibt straffrei?

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @Arne Babenhauserheide:

      Schön wär's !!!