Streit um Konzert von Lady Gaga: Talibanrepublik Indonesien
Lady Gaga wird „Pornographie“ vorgeworfen: In Jakarta darf die exzentrische Sängerin deshalb bisher nicht auftreten. Die Sittenwächter machen damit aber Werbung für ihre Show.
In Indonesien, dessen Einwohner meist einen toleranten Islam praktizieren, herrscht Streit über das für den 3. Juni in der Hauptstadt Jakarta geplante Konzert der US-Popdiva Lady Gaga. Dabei geben die Behörden des Landes, das nach Überwindung der Suharto-Diktatur schon voreilig als „drittgrößte Demokratie der Welt“ bezeichnet wird, eine erbärmliche Figur ab.
Weil militante Islamisten und der konservative islamische Klerus sich von der exzentrischen Sängerin herausgefordert fühlen, wollte Jakartas Polizei das Konzert nicht genehmigen, für das schon 52.000 Karten verkauft sind. Nach massiver Kritik und einer Demo von Gaga-Fans ruderte am Montag die Nationale Polizei, die meist den Empfehlungen der Lokalpolizei folgt, zurück. Sie stellte eine Genehmigung in Aussicht – unter absurden Bedingungen, mit denen sie sich aus der Verantwortung stehlen will. So fordert sie jetzt diverse Empfehlungen, u. a. vom Religionsminister.
Der einer islamischen Partei angehörende Politiker wirft Lady Gaga „Pornografie“ vor. Doch musste er einräumen, noch keines ihrer Videos gesehen zu haben. Auch verlangt die Polizei eine Empfehlung des Muslimrates MUI. Der blieb am Dienstag bei seiner Ablehnung mit der Begründung: „Lady Gaga wird die Moral der Jugend der Nation zerstören.“ Wie schon so oft schützen Indonesiens Behörden weniger diejenigen, die ihre Freiheitsrechte in Anspruch nehmen, sondern ermuntern geradezu Extremisten, diese Rechte weiter einzuschränken.
Bali hat kein Problem mit Gaga-Konzert
Auf Indonesiens mehrheitlich hinduistischer Ferieninsel Bali sind die Behörden weiter. Laut Gouverneur I Made Mangku Pastika sei dort ein Gaga-Konzert problemlos möglich. Er war einst als Balis Polizeichef für die erfolgreiche Aufklärung islamistischer Bombenattentate gegen Touristen verantwortlich. Manche Balinesen wittern schon ein Geschäft angesichts der Aussage der Konzertagentur, auch locker 60.000 Karten verkaufen zu können.
Problemlos verlief Lady Gagas Gig auf den Philippinen. In Manila hatten christliche Fundis protestiert. Doch weil die Behörden nichts zu beanstanden fanden, durfte am Dienstag das zweite Konzert stattfinden.
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