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Streit um Gesetz von UmweltministerinKlimakrise am Kabinettstisch

Die Union ist wütend über den Entwurf des Klimagesetzes aus dem SPD-Umweltministerium. Der Vorwurf lautet: Planwirtschaft.

Darum geht's: Die Kohlekraftwerke sollen abgeschaltet werden Foto: dpa

Berlin taz | Das Klimaschutzgesetz (KSG) der großen Ko­ali­tion ist offiziell noch gar nicht da, da sorgt es schon für richtig Krach zwischen CDU/CSU und SPD. Am Freitag protestierten Abgeordnete der Union lautstark gegen den Referentenentwurf aus dem Bundesumweltministerium von Svenja Schulze (SPD).

„Das Gesetz ist eine leere Hülle ohne konkrete Maßnahmen, das kein Gramm CO2 einspart“, sagte die klimapolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Anja Weisgerber (CSU), der taz. Schulzes „Aufschlag ohne Absprache mit den anderen Ressorts ist unglaublich konfliktträchtig“. Ihr Parteikollege Georg Nüßlein warnte, „Planwirtschaft als Grundlage der Umgestaltung der Gesellschaft wird es mit der Union nicht geben, das hat schon in der DDR nicht funktio­niert“.

Er wehre sich gegen die Darstellung, die Union wolle keinen Klimaschutz. Dabei bremse hier gerade SPD-Finanzminister Olaf Scholz, weil er Mittel für die Gebäudesanierung nicht freigebe. Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Joachim Pfeiffer, lehnt den Entwurf ab: „Er entbehrt jeder Grundlage im Koalitionsvertrag und ist für die Union keine Gesprächsgrundlage.“

Das Gesetz, das auf dermaßen massive Abwehr trifft, soll dagegen laut Schulze „einen verlässlichen Rahmen bieten, damit wir unsere Klimaziele erreichen“. Der Entwurf, der der taz vorliegt, wurde nun dem Kanzleramt zur „Frühkoordinierung“ präsentiert, ehe er mit den Ressorts abgestimmt wird. Er schreibt die deutschen Klimaziele fest: Minus 55 Prozent Klimagase bis 2030, minus 95 Prozent bis 2050, wenn Deutschland praktisch klimaneutral sein soll.

Es drohen Strafzahlungen für Ministerien

Dafür werden den Ressorts Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Bauen für ihre Sektoren Jahresziele gesetzt. Werden diese verfehlt, müssen sie im folgenden Jahr erreicht werden. Zudem sollen die Ministerien die ab 2021 anstehenden Strafzahlungen für Überschreitungen aus dem eigenen Etat zahlen. Über Erreichung oder Verfehlung der Ziele soll ein „Sachverständigengremium“ aus unabhängigen Experten wachen, so der Entwurf.

Die Vorlage überlässt es den Ressorts, wie sie ihre Ziele erreichen. Dabei aber hängen die Ministerien weit hinter dem Zeitplan zurück – eigentlich sollten sie ihre Ideen bis Ende 2018 vorlegen. Aber im Verkehrsbereich tagt immer noch eine Expertengruppe, beim Bauministerium gibt es noch nicht einmal eine solche Kommission.

Schulze hat sich für den Konflikt mit der Union die Unterstützung der SPD gesichert, hieß es am Freitag. Parteichefin Andrea Nahles sagte der dpa: „Gut, dass sich Svenja Schulze an den Koalitionsvertrag hält. Noch besser wäre es, wenn die Union das auch täte. Denn die Verabredung ist, dass wir noch in diesem Jahr zu einer Einigung kommen.“ Vizekanzler Olaf Scholz wiederum sagte dem RBB-Hörfunk, er sei „optimistisch. Alle haben sich verpflichtet, Vorschläge zu machen, ich gehe davon aus, dass die Kollegen daran arbeiten.“

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6 Kommentare

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  • In Anbetracht des eklatanten Versagens der bisherigen GroKo bei der Umsetzung der Klimaziele für Deutschland, die ja noch in den GroKo-Verhandlungen, entgegen den Wahlkampfversprechen der Kanzlerin, abgeräumt wurden, sollte die Union verärgert sein über den schleppenden Fortgang beim Klimaschutz! Und der pragmatischen und entschlossenen Frau Svenja Schulze in Anbetracht Ihres klugen Planes jetzt vorzuwerfen, sie setze auf Aktionismus und Planwirtschaft, ist die übliche Dreistigkeit der Union in solchen Fällen: will die Union denn die bisherige plan- und erfolglose Klimapolitik einfach weiter so fortsetzen? Will die Union denn weiterhin sehenden Auges einen Klimaschutz-Gegner wie „C“SU-Scheuer in ihren eigenen Reihen weiterhin in seiner Untätigkeit gewähren lassen? Und die Unions-Minister Altmaier, Klöckner und Seehofer den Klimaschutz in deren Ressorts weiterhin verbummeln lassen?

    youtu.be/s7Ivdm2-ZCQ

    youtu.be/LpxSXYw9tC0

    youtu.be/-q0gF597WEA

    Viel Spaß und neue Erkenntnisse beim Anhören.

  • Hier zeigt sich, wie heute Politik gestrickt ist. 95% weniger CO2 bedeutet alles mögliche, aber sicher eins nicht "klimaneutral". Es bedeutet, das wir auf die erste Erfindung der Menscheit verzichten wollen. Wie man dann Energie und Wärme erzeugt wird sich zeigen, aber klar ist "klimaneutral" kann es nicht sein. Denn der weitaus wichtigste Faktor ist Wasserdampf.

    Und ich verstehe nicht warum nicht die effektivste und einfachste aller Massnahmen durchgeführt wird? Steuererhöhungen hätten schnell eine Wirkung und würden gleichzeitig Mittel für Veränderung zu verfügung gestellt.

  • Die im Koalitionsvertrag geregelte Vereinbarung eines Klimagesetzes noch in diesem Jahr setzt natürlich voraus, dass das entsprechende Fachressort einen verhandelbaren Entwurf als Grundlage liefert.

    Einfach nur den Klimaschutzplan 2050 als Zielvorgabe durch ein Rahmengesetzes gesetzlich zu fixieren, erfüllt diese Voraussetzungen nicht und wird vollkommen zurecht kritisiert. Hier wäre die Vorlage eines Maßnahmengesetz, welches gleichzeitig auch die Empfehlungen der Kohlekommission mit berücksichtigt, zu erwarten gewesen.

    Ganz offensichtlich geht es den SPD geführten Ressorts jedoch nicht mehr um die Fortsetzung der großen Koalition.

  • Planwirtschaft oder neoliberale Klimaschutzpolitik, ist glaube ich nicht so wichtig. Hier hatte Helmut Kohl mit seinem Spruch recht: "Entscheidend ist, was hinten rauskommt." Bei Merkels und Altmaiers bisheriger Politik der letzten Jahre ist so gut wie nichts rausgekommen.

  • Was bitte hat Umweltschutz mit Gebäudesanierung zu tun?



    Die Heizkostensparen? Öffentliche Gebäude werden doch sowieso seltenst

    • @Sofia Dütsch:

      wichtig ist hier der Betracht auf die Dämmmaterialien z.B. ....Hanf wäre bestes