Streit um Gasumlage: Nichts als Machtpoker
Lindner scheint vergessen zu haben, dass er die Gasumlage mitbeschlossen hat. Habeck würde sie gern elegant loswerden. Schafft die Gasumlage doch ab.
W as für ein Affentheater. Da gibt es diese Gasumlage, die – das muss man sich vor Augen halten – vom Bundeskabinett verabschiedet wurde. Also nicht alleine vom grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck, sondern einvernehmlich von der Regierung. Folglich auch von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Das war Anfang August, ist also noch nicht gar so lange her.
Aber wohl schon zu lange, als dass alle Verantwortlichen noch dazu stehen könnten. Längst steht die Umlage im Zentrum von Machtspielchen, und Lindner möchte partout als Sieger vom Platz gehen; als derjenige nämlich, der die Gaskunden vor etwas bewahrt, das er zuvor selbst mitbeschlossen hat. Von verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Umlage will er selbstredend nichts wissen. Wäre ja blöd, er könnte die Umlage nicht politisch stoppen, um sich dann als der große Helfer der Gaskunden zu feiern.
Umgekehrt käme es Habeck entgegen, würden juristische Bedenken das Konzept kippen. Als Chef des federführenden Ressorts wäre er damit fein aus. Er müsste nicht zugeben, mit einer verkorksten Idee gescheitert zu sein, sondern würde gesichtswahrend auf die veränderte Rechtslage verweisen, die sich ergibt, seit Uniper zum Staatskonzern umgebaut wird.
Längst sieht es so aus, als wären alle Beteiligten heute froh, sie könnten die Gasumlage einkassieren. Nicht zuletzt, weil diese von Anfang an den gravierenden Webfehler hatte, nur Gaskunden zu treffen. Es gibt schließlich keinen Grund, Ölverbraucher außen vor zu lassen. Eine Umlage auf alle fossilen Energien wäre – wenn man die Gasimporteure nicht gleich mit Staatsgeld retten will – der vernünftigere Weg gewesen. Deswegen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Bundesregierung die Umlage fallen lassen wird.
Mehr als den Missgriff Gasumlage sollte man der Regierung ankreiden, dass nur noch Machtpoker ihre Politik bestimmt. Längst ist fraglich, ob die Bundesregierung die nächsten drei Jahre durchhalten will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen