Stimmen zur Gasumlage: „Auf wackligen Füßen“

SPD-Chefin Saskia Esken rechnet noch diese Woche mit dem Aus für die Gasumlage. FDP-Fraktionschef Christian Dürr verteidigt das Festhalten an der Schuldenbremse.

Porträtbild Saskia Esken, braune kurze Haare, Brille

„Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diese Woche zum Ende der Gasumlage kommen“, so Saskia Esken Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN taz/dpa/afp | Nachdem Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Gasumlage in Frage gestellt hat, äußern sich weitere Politiker*innen. Eigentlich soll der Mechanismus am 1. Oktober eingeführt werden. Privathaushalte und Unternehmen sollen sie zahlen, um Energieunternehmen zu stützen, die wegen des Ausfalls von russischem Gas nun teurer auf anderen Märkten einkaufen müssen. Allerdings lässt die Bundesregierung noch prüfen, ob die Umlage nach der Uniper-Verstaatlichung überhaupt verfassungsrechtlich zulässig ist.

Grünen-Vorsitzender Nouripour: Gasumlage muss weg

Der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour geht davon aus, dass die umstrittene Gasumlage zunächst am 1. Oktober in Kraft tritt, aber dennoch keinen Bestand hat. „Ich muss zugeben, dass ich sogar davon ausgehe, dass die am 01.10. in Kraft tritt“, sagte Nouripour am Montag bei RTL/ntv. Gefragt danach, wann genau die Gasumlage gekippt werden könne, sagte Nouripour: „So schnell es irgendwie nur geht.“ Es müssten Gespräche in der Bundesregierung geführt werden, die Lage sei dynamisch. „Dass die jetzt weg muss, ist etwas, was richtig ist. Das sehen alle so.“ Mit Blick auf den Bundeswirtschaftsminister aus seiner Partei fügte Nouripour hinzu: „Ich kann versichern, dass Robert Habeck alles dafür tut, damit die Umlage so schnell wie möglich fällt.“ Als „sehr geboten“ bezeichnete der Parteichef einen Gaspreisdeckel. Alle denkbaren Nachfolgemodelle der Gasumlage kosteten aber Geld, das Finanzminister Christian Lindner (FDP) bereitstellen müsse. (dpa)

Esken rechnet diese Woche mit „Ende der Gasumlage“

Angesichts der zunehmenden Zweifel in der Koalition rechnet die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken in dieser Woche mit einem Aus für die umstrittene Gasumlage. „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diese Woche zum Ende der Gasumlage kommen“, sagte Esken am Sonntagabend im „Bericht aus Berlin“ der ARD. Sie sprach sich zudem für eine Verstaatlichung der Energieversorger aus. Auch Eskens Ko-Parteichef Lars Klingbeil sah die Gasumlage „politisch auf wackligen Füßen“ und rechnete damit, dass sich ihr Schicksal kommende Woche entscheiden wird. (afp)

Mützenich: Gasumlage „nicht das Mittel der Wahl“

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich geht davon aus, dass die Gasumlage nicht kommt. Man könne „mit Sicherheit“ davon ausgehen, dass die Gasumlage „nicht das Mittel der Wahl ist“, sagte Mützenich am Montag im ARD-Morgenmagazin. Er verwies darauf, dass die Umlage zum 1. Oktober wirksam werden soll, aber erst zum 31. Oktober fällig werde. Es gebe hier in den nächsten Tagen genug Diskussionsstoff.

Mützenich verwies auf Instrumente wie einen Nachtragshaushalt oder „andere Mittel“. Auf die Frage nach einem weiteren Sondervermögen sagte Mützenich: „Zum Beispiel, das sind Möglichkeiten. Das haben wir bei der Ausrüstung der Bundeswehr gezeigt.“ (dpa)

FDP-Fraktionschef Dürr verteidigt Festhalten an Schuldenbremse

FDP-Fraktionschef Christian Dürr hat das Festhalten seiner Partei an der Schuldenbremse verteidigt. „Die Schuldenbremse ist eine Inflationsbremse und damit das beste Instrument zur Abmilderung der Preissteigerungen“, sagte er der Rheinischen Post. „Ein Aussetzen der Schuldenbremse verbunden mit neuen Ausgabeprogrammen des Staates, wie es derzeit einige fordern, würde die Inflation weiter anheizen.“

Stattdessen müsse man an die Wurzeln der Probleme ran, meinte Dürr. „Die Preise sind deshalb so hoch, weil es zu wenig Energie gibt. Eine Preisbremse auf dem Strom- und Gasmarkt, verbunden mit einer Ausweitung des Energieangebots, ist die richtige Antwort“, erklärte er. „Eine Gaspreisbremse muss daher in Kombination mit einer Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke kommen.“ Eigentlich sollten zum Jahresende alle deutschen Atomkraftwerke vom Netz gehen. Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sehen vor, zwei Kraftwerke für den Fall von Energieengpässen noch bis Mitte April einsatzbereit zu halten – der FDP reicht das allerdings nicht. (dpa)

Mittelstand dringt auf Wegfall der Gasumlage

Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) dringt wegen der Energiekrise auf einen Verzicht auf die Gasumlage. „Wiederholt haben wir die insbesondere aus Sicht des Mittelstandes vielfältigen Unzulänglichkeiten der Einführung einer Gasumlage aufgeführt“, sagte Verbandsgeschäftsführer Markus Jerger dem Handelsblatt. Er begrüßte, dass Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Umlage infrage gestellt hat.

„Endlich scheint nun auch die Einsicht in der Bundesregierung zu reifen, dass ein solches Instrument mehr schadet als nutzt“, sagte Jerger der Zeitung. Jetzt müsse schnell Vernunft in die politische Diskussion einziehen. „Der Gaspreis muss sinken und nicht künstlich hochgetrieben werden.“ Es sei niemandem zu vermitteln, warum die Verbraucher für ein nun bald verstaatlichtes Unternehmen aufkommen sollen, fügte Jerger mit Blick auf die geplante Verstaatlichung des großen Gasimporteurs Uniper hinzu.

Die Unternehmen und Haushalte im Land brauchten bezahlbares Gas. Schon jetzt stehe vielen mittelständischen Betrieben und Haushalten das Wasser bis zum Hals. „Immer mehr Branchen zeigen sich daher resigniert und enttäuscht von der Orientierungslosigkeit vieler Politiker“, sagte Jerger dem Handelsblatt.

Der BVMW-Bundesgeschäftsführer zeigte sich offen für eine weitere Aussetzung der Schuldenbremse. „Die deutsche Wirtschaft muss diesen nie dagewesenen Härtetest Energiepreiskrise überstehen und gestärkt daraus hervorgehen“, sagte er. „Wenn dazu eine zeitlich eng begrenzte Lockerung der Schuldenbremse um ein weiteres Jahr erforderlich ist, unterstützen wir dies.“ Eine zusätzliche Schuldenaufnahme müsse aber an die Bedingung geknüpft sein, öffentliche und private Investitionen zu unterstützen. (afp)

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