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Streit um EU Verbrenner-AusDas europäische Verbrenner-Aus kippelt

Der Chef der Konservativen im Europaparlament, CSU-Politiker Manfred Weber, will die Regelung streichen. Dafür braucht er jedoch die EU-Kommission.

Die Konservativen im Europaparlament wollen, dass Autos auch in Zukunft stinken und viel CO2 ausstoßen Foto: Michael Probst/ap

Brüssel taz | Mehrere wichtige Umwelt- und Klimagesetze der EU hat die konservative Europäische Volkspartei (EVP) bereits gekippt. Nun bläst EVP-Chef Manfred Weber zum Angriff auf das sogenannte Verbrennerverbot: „Ich verspreche den Europäern das Aus vom Verbrenner-Aus“, sagte der CSU-Politiker der Welt am Sonntag. Noch im Herbst sei mit einem neuen Vorschlag zu rechnen, kündigte Weber an.

Der Vorstoß kommt überraschend – und sorgt für Ärger und Verunsicherung. Noch am Freitag hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Chefs der großen europäischen Autokonzerne zu einem Gipfeltreffen in Brüssel empfangen. Die Autobosse wollen mehr Flexibilität, aber auch Planungssicherheit. Die EU dürfe ihre Klimaziele nicht ständig ändern, hieß es nach dem Autogipfel. Um den Herstellern entgegenzukommen, kündigte die EU-Kommission eine schnellere Überprüfung der CO2-Vorgaben für Personenwagen an.

„Die Überprüfung wird so bald wie möglich durchgeführt“, sagte ein Sprecher von Industrie­kommissar Stéphane Séjourné. Statt wie zunächst geplant 2026 soll sie schon im Herbst kommen. Auf diesen Termin spielt nun offenbar auch EVP-Chef Weber an.

Er will eine Streichung der EU-Vorgaben, die eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis 2035 auf null vorsehen – Verbrennungsmotoren wären damit de facto verboten. Brüssel wolle „auf Kurs bleiben“, sagte Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas. An der angestrebten Klimaneutralität werde nicht gerüttelt. Allenfalls könne man den Zeitplan etwas lockern.

Steht von der Leyen?

Weber will aber mehr: Er möchte ein Wahlversprechen der EVP umsetzen und das Verbrennerverbot komplett kippen. Außerdem fordert er eine virtuelle Auto-Universität, den Bau von „KI-Gigafabriken“ zur Fahrzeugentwicklung sowie Testregionen für autonomes Fahren. Ähnliche Forderungen hat CSU-Chef Markus Söder erhoben. Allerdings kann weder die CSU noch die EVP die Politik der EU-Kommission diktieren.

Die Brüsseler Behörde hat das alleinige Vorschlagsrecht, selbst das Europaparlament kommt erst nachträglich zum Zuge. Webers Vorstoß wird in Brüssel als parteipolitisches Manöver gewertet, mit dem er die Sozialdemokraten unter Druck setzen will. Die halten jedoch am Verbrennerverbot fest.

Die große Frage ist, ob auch von der Leyen „steht“. Die CDU-Politikerin hat bereits mehrfach dem Druck der EVP nachgegeben und ihren 2019 eingeführten „Green Deal“ aufgeweicht. Das Verbrenner-Aus gilt als wichtigstes Symbol ihrer Klimapolitik – nun könnte auch es noch fallen.

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9 Kommentare

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  • Alles zum Wohl der Automobil-Industrie? Eigentlich nur des Teils davon, der die Antriebswende in Selbstverliebtheit verschlafen hat.



    Klar war, dass wenn man in Deutschland solche Versprechungen macht, man an höherer Stelle natürlich für Abmilderung oder Wegfall störender Gesetze sorgen muss.

    Frau von der Leyen nun unter Druck durch Herrn Weber, - an dem vorbei - und auf dessen Posten - sie einst von Frau Merkel geschoben wurde, - auch interessant.

  • Was immer wieder vergessen wird: Verbrenner sind gesundheitsschädlich, im Stadtverkehr, auf Landstraßen, auf Autobahnen. Sie verursachen und verstärken Erkrankungen der Atemwege und durch die Schwermetalle auch Krebs. Warum zählt das in den Diskussionen um die verdammten Verbrenner nichts?

  • Wir sind für die Erde nur ein Schnupfen.



    Die Erde werden WIR nicht vernichten, das Leben auch nicht. Mit unserer egoistischen Umweltpolitik vernichten wir UNS, den Mensch.



    Dann "verbrennern" wir halt vollends, mit 200 Sachen zum "end of life".

  • Mensch fragt sich schon, in welcher Welt Söder und Weber leben. Offenbar in einer ohne Klimawandel und Luftverschmutzung oder Lärm durch Verbrennungsmotoren. Ein Aufweichen der angestrebten Klimaneutralität bei KFZ-Zulassungen ab 2035 dürfte die chinesischen Hersteller freuen und den europäischen, vor allen deutschen Herstellern nicht helfen, von ggf. höheren Boni für die jammernden Managern mal abgesehen.

  • Besserer Titel wäre "CSU versucht die Grundrechte zu kippen".

  • "...EVP-Chef Weber... Er will eine Streichung der EU-Vorgaben, die eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis 2035 auf null vorsehen"



    Ach so. Elektroautos verursachen keinen CO2-Ausstoß. Wieder etwas dazugelernt.



    Welchen Quatsch hat man mir nur damals auf der Penne beigebracht, Chemie, Physik, Energiesatz und so...

    • @sollndas:

      Ein differenziertes Verständnis komplexer Zusammenhänge hat offenbar nicht dazugehört, anders kann ich mir den Post nicht erklären.

      • @Flix:

        Äh, ja. Für manche Leute ist eben die Sache mit dem Marginalstrom zu komplex.

      • @Flix:

        Ein E-Auto hat sehr wohl einen CO2-Fußabdruck. Bei der Produktion und jedes mal, wenn kein Ökostrom geladen wurde.



        Trotzdem bin ich ein großer Freund von E-Autos und halte sie nach meinem Informationsstand für die wesentlich sauberere Alternative.