Streit um Beamtensold in NRW: Staatsdiener fühlen sich verraten
Im Landtag in NRW wird das Beamtenbesoldungsgesetz verhandelt. Rot-Grün will eine Nullrunde für höhere Beamte. Die Opposition empört sich.
KÖLN taz | Der heutige Mittwoch dürfte ein ungemütlicher Tag für Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen werden. Auf der Tagesordnung des Landtags steht das Beamtenbesoldungsgesetz. Nach den Plänen der Regierungskoalition soll höheren Staatsdienern eine Nullrunde verordnet werden. Doch das stößt auf den erbitterten Widerstand von Gewerkschaften und Opposition.
Während CDU, FDP und Piratenpartei mit einer Verfassungsklage drohen, wollen Beamte zwischen Landtag und Staatskanzlei eine tausend Meter lange Wäscheleine mit „ihrem letzten Hemd“ aufhängen.
Nach dem Gesetzentwurf der rot-grünen Landesregierung soll der Tarifvertrag für die Angestellten im öffentlichen Dienst nur gestaffelt auf die Beamten übertragen werden. Zwar soll der Abschluss für die unteren Besoldungsgruppen bis A 10 vollständig übernommen werden. Aber für die Stufen A 11 und A 12 ist nur eine Anhebung von einem Prozent geplant. Ab Besoldungsstufe A 13 soll es gar keine Anpassung geben.
Konkret würde das bedeuten, dass nur rund 50.000 der etwa 230.000 Landesbeamten die volle Gehaltserhöhung von 2,65 Prozent rückwirkend für 2013, sowie 2,95 Prozent ab 2014 bekommen würden.
Dagegen laufen Lehrer, Polizisten, Staatsanwälte, Richter und die Finanzbeamten Sturm. Sie werfen der Landesregierung Wort- und Verfassungsbruch vor. Der Deutsche Beamtenbund, Ver.di, die Bildungsgewerkschaft GEW und die Gewerkschaft der Polizei machten mobil. Der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Wilfried Albishausen, sprach gar von einer „Ausarbeitung im Geiste des Sozialismus“.
„Falscher Zeitpunkt, falscher Ort“
Seit Monaten findet kaum mehr eine öffentliche Veranstaltung mit rot-grünen Politikern ohne Pfeifkonzert und Protestaktion statt. So stürmten bei der 1.-Mai-Kundgebung in Köln wütende Lehrer während der Rede des Kölner DGB-Vorsitzenden und SPD-Landtagsabgeordneten Andreas Kossiski auf die Bühne. „Wer hat uns verraten? Grüne und Sozialdemokraten“, stand auf ihrem Transparent. Dass Kossiski gerade über den brutalen Polizeieinsatz gegen türkische Gewerkschafter in Istanbul berichtete, scherte sie nicht. „Falscher Zeitpunkt, falscher Ort“, entgegnete er genervt.
Im vergangenen Jahr gab das Land rund 21,9 Milliarden Euro für Personalkosten aus. Das entspricht einem Anteil von 37,4 Prozent an den Gesamtausgaben. Die Landesregierung erhofft sich von der gestaffelten Übertragung der Tariferhöhung auf die Beamten eine Ersparnis von 700 Millionen Euro.
Als Alternative müssten 14.000 Stellen abgebaut werden, hat Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans errechnen lassen. Demgegenüber hält er den geplanten Reallohnverlust für die höheren Beamten für verkraftbar.
In allen Besoldungsgruppen lägen die Nettobeträge der Beamten „auch nach der Besoldungsanpassung über denen der vergleichbaren Tarifbeschäftigten“, heißt es in einem 18-seitigen Thesenpapier des Finanzministeriums. Das Recht der Beamten auf eine angemessene Alimentierung werde nicht verletzt.
Auf einer gemeinsamen Sitzung beschlossen die Landtagsfraktionen von CDU und FDP gestern, vor das Verfassungsgericht zu ziehen, falls Rot-Grün nicht wesentliche Veränderungen ihres Gesetzentwurfs vorlegt.
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