Streit über Fracking-Gesetz: Forderung spaltet die Unionsfraktion
Ein Teil der CDU will die umstrittene Erdgasfördertechnik weiter einschränken – zum Ärger der Fraktionsführung und zur Freude der SPD.
BERLIN taz | Es ist eine klare Kampfansage, mit der der CDU-Abgeordnete Andreas Mattfeldt das parlamentarische Verfahren zum umstrittenen Frackinggesetz eingeleitet hat: „In den Beratungen wird es richtig knallen“, sagte der Frackingkritiker aus dem niedersächsischen Verden dem Weser-Kurier kurz vor der ersten Lesung des Bundestags. Das bezieht sich offenbar vor allem auf seine eigene Fraktion.
In dieser unterstützen laut Mattfeldt zwar mehr als 100 Abgeordnete seine Forderung nach einer Verschärfung der Bedingungen, unter denen die Erdgasfördertechnik künftig zum Einsatz kommen darf. Innerhalb der 311-köpfigen Unionsfraktion ist das aber klar die Minderheit. Das zeigte sich auch am Mittwoch im Bundestag: Für die Union hielt dort zunächst der Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer ein eindringliches Plädoyer für Fracking; Fraktionsvize Georg Nüßlein bezeichnete Kritiker des Verfahrens anschließend als „Ökokolonialisten“, weil sie Gas lieber importieren wollten, als es in Deutschland zu fördern.
Erst gegen Ende der Debatte und mit der kürzesten Redezeit durfte Mattfeldt seine Kritik anbringen. Er verlangte unter anderem strengere Regeln für den Umgang mit dem giftigen Lagerstättenwasser, das beim Fracking an die Oberfläche gelangt. Zudem sollten die Versuchsbohrungen, die das Gesetz für das sogenannte unkonventionelle Fracking vorsieht, auf acht begrenzt werden.
Auf deutlich mehr Zustimmung als in der eigenen Fraktion stieß der CDU-Mann damit beim Koalitionspartner SPD. „Wir können diese Änderungen hier sofort beschließen, wenn Ihre Fraktion mitmacht“, sagte Umweltexperte Frank Schwabe. Bisher sieht der Gesetzentwurf der Regierung vor, dass Fracking in Naturschutzgebieten und Trinkwassereinzugsgebieten verboten wird.
Umweltministerin freut sich
Konventionelles Fracking, das bisher schon praktiziert wurde, bleibt unter zusätzlichen Auflagen erlaubt. Für das neuartige unkonventionelle Fracking, etwa in Schiefergestein, sind zunächst nur Versuchsbohrungen erlaubt. Erst wenn eine Expertenkommission mehrheitlich zustimmt, können die Behörden kommerzielle Bohrungen erlauben. Auf die Kommission will Schwabe verzichten. „Entscheiden muss das Parlament.“
Auch SPD-Umweltministerin Barbara-Hendricks warb offensiv dafür, dass das von der Regierung in einem langen Verfahren ausgehandelte Gesetz durch das Parlament verschärft wird. „Ich bin offen für weitergehende Vorschläge“, sagte sie. Einen Bedarf für die umstrittene Fördertechnik, bei der Wasser und Chemikalien mit hohem Druck unter die Erde gepresst werden, um Gasvorkommen freizusetzen, sieht Hendricks nämlich nicht. „Wir brauchen keine neuen fossilen Energiequellen“, sagte sie. Ein generelles Verbot von Fracking sei aber nicht praktikabel.
Das sieht die Opposition völlig anders. Die Bevölkerung wolle mehrheitlich „ein echtes Verbot“, sagte die energiepolitische Sprecherin der Grünen, Julia Verlinden. „Doch die Interessen der Erdgaslobby sind Kanzlerin Angela Merkel wichtiger.“ Auch Hubertus Zdebel (Linke) forderte ein Frackingverbot ohne Ausnahmen. Durch austretendes Methan sei die Klimabilanz von Frackinggas „teilweise schlechter als von Braunkohle“. Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!