Umstrittene Erdgasförderung: Fracking-Gesetz kommt erstmal nicht

Vor September wird der Bundestag nicht mehr über die Fördertechnik entscheiden. Union und SPD sind sich in zentralen Punkten weiter uneinig.

Anti-Fracking-Aktivisten prostestieren vor dem Bundestag.

Das Parlament entscheidet erstmal nicht, wie gebohrt wird: Anti-Fracking-Protest vorm Reichstag am 16. Juni. Foto: imago/epd

BERLIN taz | Das Fracking-Gesetz, über das die große Koalition seit Monaten verhandelt, wird verschoben. SPD und Union konnten sich über mehrere zentrale Fragen nicht einigen, sagte der SPD-Umweltpolitiker Frank Schwabe, der für seine Partei verhandelt hatte, der taz. Zuvor hatte die Passauer Neue Presse über das Scheitern der Verhandlungen berichtet.

Das Gesetz, mit dem die derzeit durch ein Moratorium blockierte umstrittene Erdgas-Fördertechnik unter Auflagen zugelassen würde, sollte eigentlich an diesem Freitag in dritter Lesung vom Bundestag verabschiedet werden. Nun wird erst nach der parlamentarischen Sommerpause darüber entschieden – also frühestens im September.

Größter Streitpunkt waren die Befugnisse einer Expertenkommission, die auf Druck der Union ins Gesetz aufgenommen worden war. Der Gesetzentwurf sah vor, dass sechs Vertreter von Behörden und Forschungseinrichtungen darüber abstimmen sollten, ob nach erfolgreichen Probebohrungen in unkonventionellen Gas-Lagerstätten eine kommerzielle Förderung erlaubt werden darf.

Die SPD hatte hingegen darauf gedrängt, dass die finale Entscheidung beim Bundestag liegen müsse. „In dieser Frage war die Union nicht kompromissbereit“, sagte SPD-Mann Schwabe. „Damit ist jetzt klar, wo die Front verläuft.“ Ebenfalls umstritten war bis zuletzt, wie viele Probebohrungen erlaubt werden sollten. Laut Schwabe wollte die Union 16 Tests, die SPD nur 2. Einig geworden waren sich die Parteien hingegen bereits, die Fracking-Verbotsgebiete auszuweiten und die Regeln, anders als zuvor geplant, nicht an der Tiefe der Bohrung, sondern an den betroffenen Gesteinsschichten zu orientieren.

„Unser Kampf hat sich gelohnt“

Beim Fracking werden unter hohem Druck Wasser und Chemikalien in den Boden gepresst, um Gesteinsschichten aufzubrechen und das darin befindliche Gas zu lösen. In Sandstein ist diese Technik in Deutschland auch in der Vergangenheit schon genutzt worden. In Schiefer, wo deutlich höherer Druck und mehr Chemie notwendig ist, gibt es hierzulande hingegen noch keine Erfahrung. Kritiker der Technik befürchten eine Verschmutzung des Trinkwassers und warnen vor negativen Klimaeffekten durch austretendes Gas.

Bisher ist Fracking in Deutschland gar nicht gesetzlich geregelt. Seit 2011 erteilen die Behörden aber wegen der laufenden Verhandlungen keine Genehmigungen mehr. Dass sich die Industrie nun vor Gericht gegen dieses faktische Moratorium wehrt, glaubt SPD-Umweltpolitker Schwabe nicht: „Ich gehe jede Wette ein, dass die Konzerne stillhalten“, sagte er. Anderenfalls wäre die Empörung so groß, dass es am Ende ein Totalverbot geben könnte.

Fracking-Kritiker werteten die Verschiebung des Gesetzes als Sieg: „Unser Kampf hat sich gelohnt“, twitterte etwa der Umweltverband BUND. Jetzt gebe es „mehr Zeit, um für ein Verbot zu kämpfen“, erklärte das Umweltinstitut München. Auch die Opposition begrüßte die Entscheidung und forderte weitreichende Einschränkungen für Fracking: „Statt das Gesetz erneut zu verschieben, sollten SPD und Union endlich einen Schlussstrich ziehen“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Für die Linke forderte Hubertus Zdebel ein „Verbot ohne Ausnahmen“.

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