Streit mit Stiftung Warentest: Wann darf Sonnencreme verbrennen?
Eine Bio-Sonnenmilch bekommt von den Testern ein „Mangelhaft“. Der Hersteller wirft der Stiftung nun vor, ein falsches Verfahren verwendet zu haben.
Die Beanstandung: Der Hersteller Eco Cosmetics gewährleiste keinen ausreichenden UVA-Schutz.
Ein Vorwurf, den das Unternehmen aus dem niedersächsischen Laatzen nicht akzeptiert. „Das Hauptproblem der Untersuchung“, sagt Dieter Sorge, Geschäftsführer von Eco Cosmetics, sei die spezifische Methodik, bei der die Sonnenmilch „extrem erhitzt“ werde.
„Unsere Produkte müssen dabei durchfallen, denn sie haben keine versteckten synthetischen Lichtschutzfilter, sondern bestehen ausschließlich aus natürlichen Inhaltsstoffen, die bei höheren Temperaturen schlicht verbrennen.“
Sorge bezeichnet es deshalb als „manipulativ“, dass seine Produkte unter diesen Bedingungen geprüft wurden. Nicht ohne Grund sei „der angewandte UVA-In Vitro-Test nur in Europa zugelassen“. Weltweit seien die damit erreichten Testergebnisse „nicht zulässig“. Eco Cosmetics hat deshalb einen sogenannten In-Vivo-Test in Auftrag gegeben, der direkt an 20 Menschen durchgeführt wird.
Wie zulässig sind die Testergebnisse?
taz.ökobiz beschäftigt sich gezielt mit Geschichten aus der nachhaltigen Wirtschaft – mit Analysen, Reportagen, Hintergründen. Regelmäßig auf taz.de und gebündelt auf einer Seite montags in der taz.die tageszeitung. Am Kiosk oder am eKiosk.
Geschäftsführer Dieter Sorge ist überzeugt: „Das gegen Ende des Jahres vorliegende Ergebnis wird die Stiftung Warentest mit Sicherheit unter Druck bringen.“ Das Unternehmen hat das Ergebnis der ersten drei Probanden bereits veröffentlicht. Der darin erzielte Wert übertreffe laut dem Eco Cosmetics-Chef die offizielle EU-Empfehlung.
Fakt ist jedoch: Beide Testmethoden sind von der Internationalen Organisation für Normierung (ISO) zugelassen. Entsprechend unaufgeregt zeigt man sich bei der Stiftung Warentest: „Wir verwenden für unsere Sonnenschutz-Tests ein international anerkanntes State of the Art Laborverfahren. Der Vorwurf, wir würden „manipulativ“ vorgehen, ist daher völlig unbegründet“, sagt Ursula Loggen, wissenschaftliche Leiterin für den Bereich Ernährung, Kosmetik und Gesundheit auf taz-Nachfrage.
Der Test mache zudem „keine Einschränkung hinsichtlich der Gültigkeit für bestimmte Darreichungsformen oder Zusammensetzungen“ und sei daher die „aktuelle Methode der Wahl.“ Darüber hinaus wundert sich Loggen, warum sich Eco Cosmetics weder vor noch nach dem Test an die Stiftung gewandt habe, schließlich sei man „grundsätzlich offen für einen direkten Dialog“. Stattdessen finde nur eine „rein medial geführte Debatte“ statt.
Einen ganz anderen Aspekt stellt dagegen Jürgen Steinert vom Verbrauchermagazin Ökotest in den Vordergrund. Er kritisiert das In-Vivo-Testverfahren, „weil dabei Versuchspersonen so lange bestrahlt werden, bis sie einen leichten Sonnenbrand haben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Rückzug von Marco Wanderwitz
Die Bedrohten
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül