piwik no script img

Streit in der AfDMachtkampf im Ländle

Jörg Meuthen, AfD-Fraktionschef in Baden-Württemberg, hat ein Problem: Im Fall Gedeon stellt sich der Fraktionsvorstand gegen ihn.

Es sind turbulente Zeiten für Jörg Meuthen Foto: dpa

Karlsruhe/Berlin taz | Für Jörg Meuthen wird es eng. Bleibt der Bundessprecher der AfD Vorsitzender der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag – oder verlässt er sie wie angekündigt, wenn ihm die Fraktion im Fall Gedeon die Gefolgschaft verweigert?

Am Montag wurde eine Stellungnahme des erweiterten Fraktionsvorstands bekannt, in der sich dieser gegen Meuthen wendet. Die Stuttgarter Zeitung zitiert das Dokument: „Wir fordern Herrn Meuthen auf, auf die Sachebene der Causa Gedeon zurückzukehren und die Spaltung der Partei nicht billigend in Kauf zu nehmen.“

Nach dieser Stellungnahme gilt es als unwahrscheinlich, dass Meuthen die Fraktion noch hinter sich hat. Der Fraktionsvorstand schreibt: „Wir sind und waren seit Bekanntwerden der schwerwiegenden Antisemitismusvorwürfe gegen Herrn Gedeon für eine ruhige und besonnene Vorgehensweise. Unserem Vorschlag, durch ein unabhängiges wissenschaftliches Gutachten diese Vorwürfe zu prüfen, ist Herr Meuthen trotz unserer Hinweise und starken Bedenken nicht gefolgt.“

Anlass für die Eskalation dieses bizarren Machtkampfs ist Meuthens Durchgreifen gegen den 76-jährigen Abgeordneten Wolfgang Gedeon, dem antisemitische Äußerungen in seinen Schriften zum Vorwurf gemacht werden. Gedeon, der sich in seinen Schriften auf die „Protokolle der Weisen von Zion“ beruft und Holocaust-Leugner wie Horst Mahler mit Dissidenten gleichsetzt, weigert sich, freiwillig die Fraktion zu verlassen. Bei einer Probeabstimmung zum Ausschluss des Abgeordneten hat Meuthen die notwendige Zweidrittelmehrheit für einen Ausschluss aus der Fraktion gefehlt. Meuthen hatte daraufhin mit seinem Rücktritt und dem Verlassen der Fraktion gedroht.

Ende der Einmütigkeit

Der Bundesvorstand hat den Ausschluss Gedeons aus der Landtagsfraktion vergangene Woche noch einstimmig empfohlen. Damit allerdings hört es mit der Einmütigkeit auch auf. Am Wochenende hat Parteichefin Frauke Petry Meuthen, der nicht nur Fraktionschef in Baden-Württemberg, sondern auch ihr Kobundeschef ist, vorgeworfen, mit seiner öffentlichen Rückzugsdrohung den Fall auf die persönliche Ebene verlagert zu haben. Damit habe er die Landtagsfraktion gespalten. Soll heißen: Wenn der Ausschluss Gedeons nicht glatt läuft, ist Meuthen schuld. Dieser schoss via Welt zurück. Er warf Petry „bizarres Hineinregieren“ in die Landtagsfraktion vor.

Meuthen definiert Antisemitismus in seinen Erklärungen als „rote Linie“ und den Fall Gedeon als Lackmustest für die Partei. Hinter der Auseinandersetzung mit Petry steckt aber auch die Frage, mit welcher Spitze die AfD in den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr ziehen wird. Petry ist das bekannteste Gesicht der Partei, als Vorsitzende scheint sie die natürliche Kandidatin zu sein. Genau das will Meuthen gemeinsam mit den Parteirechten Alexander Gauland und Björn Höcke verhindern. Im Bundesvorstand ist Petry, der ihrerseits eigenmächtiges Verhalten nachgesagt wird, zunehmend isoliert.

Herr Meuthen muss auf die Sachebene zurückkehren

AfD-Fraktionsvorstand

In Meuthens Fraktion sitzen nicht wenige Rechtsausleger. Nach Recherchen des AfD-Blogs „keinalternative.org“ haben insgesamt zehn Fraktionsmitglieder die Erfurter Resolution ­Höckes unterzeichnet. Darunter ist der Arzt Heinrich Fiechtner, der den Koran schon mal öffentlich mit „Mein Kampf“ verglichen hat, und Christina Baum, die dem SWR jüngst zu Protokoll gab, die Ernennung von Muhterem Aras zur Landtagspräsidentin sei ein Indiz für die Islamisierung Deutschlands.

Gedeon kann sich nach den jüngsten Entwicklungen Hoffnungen machen, einstweilen in der Fraktion zu bleiben. Als vermeintlichen Beweis, dass die Vorwürfe gegen ihn aus der Luft gegriffen sind, verweist er drauf, dass es die Staatsanwaltschaft Konstanz bislang abgelehnt habe, gegen ihn wegen Volksverhetzung zu ermitteln.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "... gegen den 76-jährigen Abgeordneten Wolfgang Gedeon ..."

     

    Wenn schon eine Angabe des Alters, dann richtig.

    Der Mann ist 69.