Streit in Irland über Coronahilfe: Mehr Geld als das normale Gehalt
Wer in Irland wegen Corona seine Arbeit verloren hat, bekommt vom Staat wöchentlich 350 Euro. Geringverdiener wollen deshalb nicht zu ihrem Job zurück.
Das Hilfsprogramm sei ein negativer Anreiz, findet er. 600.000 Menschen sind teilnahmeberechtigt, 38 Prozent davon – also 228.000 Menschen – haben vor der Coronakrise weniger als 300 Euro verdient. Das Programm läuft bis Ende Juni, soll aber verlängert werden. Finanzminister Paschal Donohoe fragt allerdings: „Wie soll man den Langzeitarbeitslosen erklären, warum sie so viel weniger Unterstützung bekommen?“ Wer schon vor der Krise arbeitslos war, bekommt nur 203 Euro pro Woche.
Das Haushaltsdefizit ist im April auf 7,5 Milliarden Euro angestiegen. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Experten schätzen, dass es bis Jahresende auf über 23 Milliarden steigen werde. Das Parlament sollte eigentlich Anfang des Jahres über das Budget abstimmen, aber wegen der Wahlen im Februar wurde das verschoben. Rund vier Monate später aber hat Irland wegen komplizierter Koalitionsverhandlungen immer noch keine Regierung. Die alte Regierung, die die Geschäfte vorerst weiterführt, darf nur vier Fünftel des Geldes ausgeben, das 2019 zur Verfügung stand.
Die Arbeitslosenquote ist inzwischen auf fast 30 Prozent gestiegen – nahezu eine Million Menschen haben keinen Job mehr. Für junge Leute zwischen 15 und 24 Jahren sieht es noch schlechter aus: 53 Prozent haben zurzeit keine Arbeit. Das irische Bruttoinlandsprodukt wird, so schätzen Experten, um 12 Prozent schrumpfen.
Tourismus, Gaststätten, Einzelhandel besonders betroffen
Die Bereiche Tourismus, Gaststättengewerbe und Einzelhandel, in denen vorwiegend junge Leute arbeiten, sind besonders betroffen. Die Einschränkungen in diesen Bereichen werden erst ab diesem Montag Stück für Stück über die kommenden Wochen aufgehoben, und auch dann sollen Abstandsregeln weiter gelten. Ebenso wird sich das Konsumentenverhalten nicht schlagartig normalisieren.
MacNamara sieht seine Branche dennoch nicht im Vorteil. „Tausendeinhundert Bauprojekte im Wert von 17,9 Milliarden Pfund sind wegen der Coronakrise auf Eis gelegt worden“, sagt er. „Obwohl wir jetzt wieder bauen dürfen, läuft das vorerst auf Sparflamme. Auf Baustellen, auf denen vorher Hundert Menschen beschäftigt waren, dürfen wegen der Abstandsregel nur 20 Leute arbeiten. Es ist noch ein weiter Weg.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“