Streit der Woche: Kriegsverbrechen - schafft Den Haag Gerechtigkeit?
Noch diesen Monat beginnt der Kriegsverbrecherprozess gegen den ehemaligen bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic. Internationale Strafjustiz soll helfen, die Täter zu bestrafen und den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Am 26. Oktober beginnt in Den Haag der Prozess gegen den ehemaligen Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic - wegen Kriegsverbrechen und schwerer Menschenrechtsverletzungen. Es dürfte eines der letzten großen Verfahren des Internationalen Jugoslawien-Tribunals sein, das 1993 vom UN-Sicherheitsrat ins Leben gerufen wurde, um die Verbrechen der Balkankriege juristisch zu verfolgen.
Seither sind 161 Menschen für Verbrechen auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien in Den Haag angeklagt worden, davon sind 120 Fälle abgeschlossen, 41 sind noch offen. Auf der Fahndungsliste stehen derzeit nur noch zwei Männer: Der ehemalige Militärchef der bosnischen Serben, Ratko Mladic, der wie Karadzic vor allem wegen der Ermordung bosnischer Zivilisten in der Enklave Srebrenica 1995 (zwei Jahre nach Einrichtung des Den Haager Tribunals!) angeklagt werden soll, und Goran Hadžić, dem Kriegsverbrechen gegen kroatische Zivilisten vorgeworfen werden.
Gleichzeitig ist seit Inkrafttreten des so genannten Rom-Statuts 2002 der Internationale Strafgerichtshof als ständige Instanz für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Den Haag installiert.
Beiden Institutionen liegt die Idee zugrunde, die seit den Nürnberger Prozessen gegen die Führer Nazi-Deutschlands im internationalen Rechtsdenken Einzug gehalten hat: Dass nämlich die Schuldigen für schwerste Verbrechen auch individuell bestraft gehören und keinesfalls durch Immunität zu schützen sind. Diese juristische Aufarbeitung soll gleichzeitig einen Neuanfang in ermöglichen, die in Täter und Opfer gespalten sind.
Doch an beiden Institutionen gab es auch Kritik. Der Internationale Strafgerichtshof, sagen manche, wähle die Verfahren nur zufällig aus und schaffe durch den Eindruck der Beliebigkeit Unfrieden. Serbische Nationalisten kritisierten das Jugoslawientribunal, als dessen Angeklagter der ehemalige serbische Regierungschef Slobodan Milosevic 2006 in der Haft verstarb, als Siegerjustiz der Nato - die eigentlich ihrerseits auf die Anklagebank gehöre.
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