Streit bei Rot-Rot-Grün in Berlin: SPD provoziert weiter
Volker Härtig soll einen wichtigen Posten bekommen. Linke und Grüne sind dagegen. Am Dienstag ist die Personalie Thema im Senat.
Die Kritik an der Bestellung des SPD-Politikers Volker Härtig als Geschäftsführer der landeseigenen Wohnraumversorgung Berlin (WVB) wird lauter. Am Donnerstag haben 16 stadtpolitische Initiativen eine Website online gestellt, in der vor allem die SPD scharf kritisiert wird. „Die versuchte Ernennung von Volker Härtig (SPD) durch Senator Kollatz (SPD) können wir gar nicht anders lesen als einen frontalen Angriff auf unser Bestreben, die Wohnraumversorgungspolitik in Berlin gemeinwohlorientiert auszurichten.“
Volker Härtig, Vorsitzender des Fachausschusses Soziale Stadt der Berliner SPD, war Mitte Dezember von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) zu einem von zwei Geschäftsführern der WVB ernannt worden. Die WVB ist eine Anstalt öffentlichen Rechts, die im Zuge des Mietenvolksentscheids ins Leben gerufen wurde. Derzeit verhandelt sie mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften einen neuen Kooperationsvertrag. Ziel ist es, noch mehr freie Wohnungen an Wohnungssuchende mit einem Wohnberechtigungsschein zu vergeben.
Für die stadtpolitischen Initiativen ist Härtig, der sich gegen den Mietendeckel und den Mietenvolksentscheid ausgesprochen hatte, ein rotes Tuch. Aber auch Linke und Grüne werten die Personalie als Provokation der SPD. Auf der Senatssitzung vor den Weihnachtsferien haben sie die Ernennung Härtigs vorerst gestoppt. Nun soll am Dienstag erneut darüber beraten werden. „Ich erwarte vom Finanzsenator, dass es einen Kandidaten gibt, auf den sich beide Seiten einigen können“, sagt die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, Katrin Schmidberger.
Doch der Finanzsenator hat offenbar Fakten geschaffen. „Volker Härtig hat seine Stelle am Montag angetreten“, sagt Senatorensprecherin Eva Henkel. Sie betont, dass es bei der Besetzung kein Vetorecht gegeben habe. Demgegenüber steht die Tatsache, dass Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) bei der Besetzung des anderen Chefpostens mit Ulrike Hamann das Okay von Kollatz eingeholt hatte. Beide Verwaltungen dürfen je einen Vorstand bestimmen. Die Federführung für die WVB liegt aber bei Scheels Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen.
Dort hieß es am Donnerstag, dass bislang kein Entsendungsschreiben der Finanzverwaltung vorliege. Scheel sieht die Bestellung von Härtig weiter kritisch. „Volker Härtig wäre selbst beim Thema Bauen nicht der Erste, der uns für diesen Posten in den Sinn käme“, sagte er der taz.
Inzwischen beschäftigt das Thema auch die Juristen. Ein Gutachten stützt dabei die Rechtsauffassung von Scheels Verwaltung. Demzufolge gelte ein bloßes Entsendungsrecht nur, wenn die Finanzverwaltung jemanden aus den eigenen Reihen berufen würde. Bei Externen wie Härtig müsste das die federführende Verwaltung bestätigen. Das wäre in diesem Fall die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen.
Sollte Kollatz Härtig zunächst formal angestellt haben, um ihn dann als Verwaltungsmitarbeiter zu entsenden – und so die Zustimmung zu umgehen? Das wäre ein Foul, heißt es bei den Linken. Denn eigentlich war für Dienstag eine gemeinsame Senatsvorlage von Kollatz und Scheel verabredet.
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