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Streik wegen Rückkehr von SexualstraftäterKollegen kennen keine Gnade

In Bremerhaven versucht ein verurteilter Sexualstraftäter, wieder bei seinem alten Arbeitgeber Eurogate einzusteigen. Doch Teile der Belegschaft wollen da nicht mitmachen.

Nein, Schilder haben sie bei Eurogate nicht hochgehalten: Mit einem Straftäter wollen sie in Bremerhaven trotzdem nicht zusammen arbeiten. Bild: dpa

Beim Hafenunternehmen Eurogate in Bremerhaven haben rund 300 Mitarbeiter die Arbeit niedergelegt – aus Protest gegen die Beschäftigung eines Kollegen. Der Mann war 2011 verurteilt worden, weil er seine zehnjährige Stieftochter sexuell missbraucht hatte. Im Sommer 2012 trat er seine Strafe an: zwei Jahre und neun Monaten Haft, mittlerweile im offenen Vollzug. Das heißt, dass er das Gefängnis jeden Tag verlassen darf, um zu arbeiten. Nun will er seine frühere Arbeit in dem Containerterminal wieder aufnehmen. Gegen seine Kündigung dort hatte er erfolgreich geklagt.

Doch als der 37 Jahre alte Straftäter am Freitagabend seine erste Spätschicht bei Eurogate antreten wollte, wehrten sich seine ehemaligen Kollegen dagegen, gemeinsam mit ihm zu arbeiten. Kurz vor Schichtbeginn hätten sie erfahren, dass der Mann zum Dienst komme, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Holger Super – und spontan gestreikt.

Dem Unternehmen sei deshalb ein Schaden in fünfstelliger Höhe entstanden, sagte Euro- gate-Chef Andreas Bergemann bei einer Pressekonferenz am Montag. „Das nehmen wir in Kauf“, sagt Super. „Sollte er wieder hier aufschlagen, werden wir wieder streiken.“

Berufsfreigang

Bildung und Beschäftigung heißt das Motto des sogenannten Berufsfreigangs. Dieses Gefängnismodell wird im Rahmen eines offenen Vollzugs eingesetzt und soll die Resozialisierung der Gefangenen fördern.

Nur diejenigen Gefangenen, bei denen Flucht- und Rückfallgefahr als sehr unwahrscheinlich gelten, dürfen trotz Haft zur Arbeit gehen.

Die Zeitspanne, in der Berufsfreigänger das Gefängnis verlassen dürfen, umfasst nicht mehr als Arbeitszeit und Anfahrtswege.

Berufsfreigänger werden von Sozialarbeitern, Bewährungshelfern und Therapeuten begleitet, um nach der Haft wieder arbeiten zu können.

Die Stimmung im Betrieb sei am Freitag angespannt gewesen. Die Begegnung mit dem Straftäter habe bei seinen Kollegen eine „erhebliche Unruhe“ ausgelöst, sagt der Betriebsrat. Er habe sie beruhigen müssen. Erst als die Personalleiterin den Mann nach einer Stunde wieder hinaus begleitete, begannen die Hafenarbeiter, die Container zu verladen. Für den nächsten Arbeitstag wolle die Geschäftsleitung nun mehr Sicherheitspersonal einsetzen, um den Mann zu schützen. Super ist froh darüber. „Bevor man in was reinläuft, dass man nicht kontrollieren kann“, sagt er.

Eurogate hat das Urteil des Arbeitsgerichts, das dem Mann seine Stelle sichert, angefochten. Laut Rechtsanwalt Klaus Meyer, der den Containerfahrer vertritt, sei dies bereits der zweite Versuch gewesen, seinem Mandanten zu kündigen. Direkt nach dessen Verurteilung wegen des Sexualdelikts habe Eurogate ihm wegen „außerdienstlichen Verhaltens“ entlassen wollen – erfolglos.

Die zweite Kündigung begründete das Hafenunternehmen mit der Stimmung seiner Angestellten. Dabei sei „nicht geklärt, dass alle Arbeitnehmer dahinter stehen“, sagt Meyer. Und selbst wenn: Die Aufgabe des Chefs sei es in einer solchen Situation, sich vor den Arbeitnehmer zu stellen. Eurogate habe den Protest seiner Belegschaft stattdessen „wohlwollend begleitet“.

Das Bremer Arbeitsgericht entschied in Meyers Sinne. Eurogate-Chef Bergemann rechnet damit, dass die zweite Instanz frühestens in einem halben Jahr urteilen werde. Solange drohe dem Unternehmen ein Zwangsgeld, wenn es den Mann nicht beschäftige. Allerdings werden auch die angekündigten Arbeitsniederlegungen teuer: Sollte auch der zweite Arbeitsversuch des Gefangenen scheitern, werde man das „Zwangsgeld neu beleuchten“, sagte Bergemann. Es also möglicherweise in Kauf nehmen. Wann dieser Tag kommt, ist aber noch nicht klar: Der Mann ist krankgeschrieben.

Sein Neuanfang im Betrieb sollte ihm eigentlich helfen, sich nach der Haft wieder in seinem früheren Umfeld einzugliedern, sagt Jörg Lockfeldt vom Bremer Justizressort. Der offene Vollzug mit „Berufsfreigang“, wie das Gefängnismodell für den Containerfahrer heißt, beeinflusse „die Resozialisierungschancen besonders positiv“. Bereits bevor er versuchte, zu Eurogate zurückzukehren, habe der Mann in diesem Rahmen an verschiedenen Arbeitsstellen gearbeitet. Problemlos, sagt Lockfeldt.

Betriebsrat Super sagt, ihm sei kein einziger unter seinen rund 1.000 Kollegen bekannt, der eine Weiterbeschäftigung des Mannes befürworte. Es gebe viele Familienväter im Betrieb und auch fünf Prozent Frauen. „Ein Kinderschänder hat für mich keine Berechtigung, draußen rumzulaufen“, sagt er. Das Ziel der Belegschaft sei es nach wie vor, Druck auszuüben. Damit der Mann bei Eurogate keine Chance mehr bekommt.

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6 Kommentare

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  • S
    super

    von ifra:

    "Wie andere Straftäter haben auch Sexualstraftäter das Recht auf Resozialisierung in die Gesellschaft."

     

    Na dann kannst du den ja bei dir auf der Arbeit "Resozialisierung" mir dem betreiben.

    Ich persönlich möchte mit solchen Menschen nix zutun haben.

     

    PS: Wenn das Opfer mit der Tat ein Leben lang leben muss, dann kann es der Täter wohl erst recht.

  • I
    ifra

    In meine Augen ist das schlichtweg Mobbing in der extremen Form. Es ist traurig, dass das von Betriebsratsmitgliedern noch mitgetragen wird.

     

    Ich frage mich ernsthaft, wieso Eurogate den Mitarbeiter überhaupt kündigen will. Was hat denn die Straftat denn mit der Arbeit des Güterumschlags bei Eurogate zu tun?

     

    Wie andere Straftäter haben auch Sexualstraftäter das Recht auf Resozialisierung in die Gesellschaft.

  • TW
    Thomas Warnken

    Da sind Betriebsrat und Belegschaft ganz schön reaktionär und meinen über dem Gesetz stehen zu können. Der "Kollege" ist verurteilt - was maßt sich der Betriebsrat und die Belegschaft an. Erst kürzlich wurde im Zuge einer Ausstellung eiine Begebenheit aus den 50er Jahren wieder hervorgeholt. Damals wollten Hafenarbeiter auch nicht mit einem ehemaligen Häftling zusammenarbeiten und gingen über den Betriebsrat sogar bis zum Senator. Der Unternehmenschef stand damals zu seinem Angestellten und stellte Begleitschutz!

    SO geht Re-sozialisierung!

  • S
    sigibold

    Es gibt da die rechtliche Seite und hier hier die menschliche. Ohne den Fall näher zu kennen scheinen mir zwei Jahre und neun Monate für Kindesmissbrauch doch sehr wenig. Und wenn er dann schon vorzeitig wieder draußen rumspaziert... Nach der kurzen Zeit sind die Emotionen noch da. Ich bin mir nicht sicher ob ich einen Kinderschänder neben mir erdulden würde. Das würde höchstwahrscheinlich nicht gut gehen. Eine menschliche Schwäche meinerseits? Vielleicht. Zumindest kann ich die Kollegen dort gut verstehen.

  • SG
    Schmidt Georg

    Kinder haben Rechte-schon die Strafe 2Jahre9Monate und dann im offenen Strafvollzug, teilweise, ist ein Witz, der Mann geht morgens um 6Uhr frei und kommt gegen 22Uhr wieder zurück-wo bitte ist das eine Strafe, ehrlich neben einem Kinderschänder möcht ich auch nicht arbeiten-es ist so, als wäre der Kindssmissbrauch nie geschehen !

  • G
    Georg

    Sind das jetzt gute oder schlechte Streiks?