piwik no script img

Streik in schwedischen Tesla-WerkstättenTesla eint Schwedens Gewerkschaften

Tesla weigert sich, einen Tarifvertrag mit der schwedischen IF Metall zu unterzeichnen. Deshalb boykottieren Gewerkschaften den Konzern.

Auch Schwedens Hafenarbeiter sind solidarisch mit den Streikenden Foto: IMAGO/Johan Nilsson

Der US-Elektroautobauer Tesla will in Schweden, einem Land, in dem 90 Prozent der Ar­bei­te­r*in­nen nach Tarifvertrag arbeiten, ohne Gewerkschaften über Löhne, Sozialpakete und Arbeitszeiten bestimmen. Schon seit 2018 versucht die schwedische Gewerkschaft IF Metall jedoch einen Tarifvertrag für derzeit rund 130 Beschäftigte von Tesla-Werkstätten im Land auszuhandeln.

Darum wird seit dem 27. Oktober 2023 gestreikt. Zunächst rief IF Metall die Werk­stattar­bei­te­r*in­nen an zehn Service-Standorten in sieben Städten auf, die Arbeit niederzulegen. Am darauffolgenden Montag trafen sich Tesla und die Gewerkschaft zu Gesprächen, die jedoch erfolglos blieben. Daraufhin weitete die IF Metall ihre Aktionen aus und wies alle Werkstätten im Land an, keine Teslas mehr zu reparieren.

Unterstützung erhält die IF Metall von der Gewerkschaft Transport. Diese kündigte an, keine Teslas mehr von Schiffen zu entladen. Seit Dienstag kommt deshalb kein Tesla mehr über schwedische Häfen ins Land. Bei der Solidaritätsaktion gehe es darum, „für das schwedische Modell einzutreten, bei dem sich die Parteien über die Bedingungen an den Arbeitsplätzen einigen“, sagt Tommy Wreeth, Vorsitzender der Gewerkschaft Transport.

Tesla versucht laut der Tageszeitung Expressen, die Lieferblockade zu umgehen. Deswegen könnte bald auch aus Norwegen Solidarität kommen. Die norwegische Gewerkschaft Fellesförbundet erwägt Maßnahmen gegen Tesla, falls das Unternehmen versuchen sollte, die Blockade zu umgehen, berichtet die norwegische Zeitung E24. „Wir sind solidarisch mit den streikenden Tesla-Kolleg*innen in Schweden und ihrer Gewerkschaft“, erklärte auch Markus Sievers, Sprecher der hiesigen IG Metall im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen. Unterstützung für den Streik gab es von schwedischen Unternehmen: Oscar Reimer, der Einkaufsleiter eines Taxiunternehmens, ­kündigte an, keine Teslas zu kaufen, bis der Konflikt gelöst sei.

Nicht alle Werkstätten streiken

Dabei machen jedoch offenbar nicht alle Tesla-Werkstätten bei dem Streik mit. Der Fernsehsender SVT mietete zum Beispiel einen Tesla und brachte ihn zu einer Werkstatt, wo der Betrieb trotz Streik weiterlief. Und das, obwohl die IF Metall damit wirbt, dass neue Gewerkschaftsmitglieder direkt Ausgleichszahlungen erhalten, wenn sie ihre Arbeit niederlegen – und nicht erst wie eigentlich üblich nach zwei Monaten Mitgliedschaft.

Dennoch gibt es offenbar Mitarbeitende, die aus Angst vor Kündigungen nicht aktiv am Streik teilnehmen. Gleichzeitig kündigten weitere Gewerkschaften des schwedischen Gewerkschaftsdachverbandes LO Solidaritätsmaßnahmen an. Mitglieder der Gewerkschaft Elek­trikerna wollen ab dem 17. November keine Reparaturarbeiten an Elektroinstallationen und den 213 Ladestationen von Tesla in Schweden durchführen.

Die Seko – die Service- und Kommunikationsgewerkschaft – plant, den Postversand von Ersatzteilen und Komponenten von und zu Tesla zu blockieren. Auch die Immobilien-Gewerkschaft Fastighets hat eine Blockade aller Arbeiten im Zusammenhang mit Tesla angekündigt. Die vom Autokonzern genutzten Gebäude sollen unter anderem nicht mehr gereinigt werden. Der schwedische Gewerkschaftsbund hält also zusammen und will Tesla das Leben schwermachen, bis es einen Tarifvertrag mit IF Metall gibt.

In Schweden sind mehr als 50.000 Teslas registriert. In den vergangenen 12 Monaten wurden in dem Land mehr als 18.000 Wagen des Autoherstellers verkauft. Tesla-CEO Elon Musk ist kein Fan von Gewerkschaften. Im Mai 2022 schrieb er auf Twitter, dass Gewerkschaften nur weitere Unternehmen seien.

Tesla nicht der erste Konzern

Tesla wäre nicht der erste Konzern, der sich der Beharrlichkeit der schwedischen Gewerkschaften beugen muss. Im Mai 1995 traten die Beschäftigten der Toys-R-Us-Filialen in Göteborg, Malmö und Stockholm in den Streik. Mitglieder der Transportgewerkschaft weigerten sich, Waren an den Konzern zu liefern. Auch die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes stellte sich auf die Seite der Einzelhandelsmitarbeiter. Die Finanzgewerkschaft blockierte alle Finanztransaktionen von und zu Toys R Us. Drei Monate später der Erfolg: ein Tarifvertrag. Damit schaffte es die Aktion bis in die New York Times.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Bitte mehr davon!

  • Schön zu sehen, daß hier Solidarität gezeigt wird. Wie steht die IG Metall dazu und das Teslawerk in Brandenburg?

    • @Grauton:

      sicherlich positiv, aber das deutsche Streikrecht würde solche Aktionsformen gar nicht erlauben. Die SPD wollte es so.

    • @Grauton:

      Wenn die IG Metall hier mal hart vorgehen würde kämen sofort die Hetzblattaktionen von Bild und Co. Es gäbe keine Solidarität im Land. alle Solidaritätsstreiks würden von Gerichten verboten.

    • @Grauton:

      Schön zu sehen, dass da einmal der selbstherrliche Musk mal Gegenwind bekommt.

      In Schweden, das muss er wissen, ist Tarifpartnerschaft ein besonders hoch geschätzter Wert. Musk erinnert mit seinem schrulligen Verhalten an Nelson Rockefeller, welcher jedem, dem er begegnete, eine 10-Cent-Münze schenkte.

      Nähmen wir mal an, Musk wolle den Schweden 10 Cent pro Stunde mehr als das Marktübliche zahlen. Gewerkschaften sind dann eben dazu da, auszuloten, ob nicht mehr drin ist. In Schweden ist das offenbar noch von großer Bedeutung. Jeder andere international tätige Konzern betreibt extra "Interkulturelles Training", um den eigenen Geschäftsleuten die Usancen anderer Länder klar zu machen. Fehlt sowas etwa bei Tesla?