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Streik in der US-FilmbrancheHoffnung auf weniger Ausbeutung

In den USA streiken Dreh­buch­au­to­r*in­nen und Schau­spie­le­r*in­nen gemeinsam und die Stars machen mit – mit guten Chancen auf Veränderung.

Demo der Dreh­buch­au­to­r*in­nen und Schau­spie­le­r*in­nen in New York Foto: Evan Agostini/AP

N ennt mich idealistisch, aber ich glaube an die Durchsetzungsfähigkeit des Kollektivs. Ich habe hier schon mal darüber geschrieben, dass Fangruppen, wenn sie sich organisieren, Erstaunliches leisten können – K-Pop-Stars beispielsweise eine Trump-Rally sabotieren, indem sie Hunderte Tickets buchen und nicht auftauchen –, heute geht es um die Macht von Gewerkschaften.

Es geht um den Streik der Dreh­buch­au­to­r*in­nen und Schauspieler*innen. Ich werde nicht detailliert auf die Forderungen eingehen, die kann man überall nachlesen (kurz: Au­to­r*in­nen wie Schau­spie­le­r*in­nen verlangen eine fairere Entlohnung und verbindliche Regulierungen, wie künstliche Intelligenz zukünftig eingesetzt wird; zum ersten Mal seit 1960 streiken beide Gewerkschaften zusammen).

Was ich viel spannender finde, ist, dass man mit der Screen Actors Guild (SAG-AFTRA) sieht, wie wichtig gewerkschaftliche Organisation ist, und dass es in den USA immer mehr kollektive Bestrebungen von Ar­bei­te­r*in­nen gibt, ihre prekären Zustände zu verbessern.

Dass ich in dieser Kolumne so oft in die USA schaue, hat zwei Gründe: Weil dort ein Großteil des Entertainments herkommt, das wir hierzulande konsumieren, und weil Deutschland sehr oft diese Bewegungen und Diskurse einige Monate später kopiert.

Aber zurück zu SAG-AFTRA. Sie vertritt 160.000 Medienschaffende. Wenn man sich diese Zahl anschaut, wird deutlich, dass es bei den Forderungen um mehr Gehalt nicht um die Tom Cruises und Meryl Streeps dieser Welt geht, sondern um die, die in einem Film im Hintergrund auftauchen und nur ein, zwei Sätze sagen.

Zur Solidarität zwingen

Wie auch die Dreh­buch­au­to­r*in­nen sind die meisten Schau­spie­le­r*in­nen komplett unterbezahlt und müssen weitere Jobs annehmen, um ihre Schauspieljobs überhaupt finanzieren zu können. Da die reichen Hollywoodstars Teil dieser riesigen Gewerkschaft sind, sind sie quasi dazu verpflichtet, die No-Names zu unterstützen. Manchmal muss man die Leute zur Solidarität zwingen, das ist schon okay so.

Der Ausgang von alldem ist natürlich ungewiss. Die Filmstudios glauben, sie säßen am längeren Hebel (Berichten zufolge wollen sie den Streik durchziehen, bis den Streikenden das Geld ausgeht und sie ihre Wohnungen verlieren), aber ich denke, sie irren.

Spätestens ab Herbst wird auch bei den Kon­su­men­t*in­nen ankommen, dass es keine neuen Staffeln ihrer Lieblingsserien und keine schicken Red-Carpet-Fotos gibt. Wenn sich dieser Unmut gegen die Studios richtet, haben diese nicht mehr viele Ausreden. Dieser Streik kann Vorbild sein für viele weitere (in den USA etwa steht einer von 340.000 UPS-Fahrer*innen unmittelbar bevor), gerade wenn er lange und disruptiv sein wird.

Die Ar­bei­te­r*in­nen wurden lange genug ausgenutzt. Es ist Zeit, dass sie sich vereint Gehör verschaffen. Power to the people!

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Isabella Caldart
... arbeitet als freie Journalistin mit Schwerpunkt auf Kultur und Gesellschaft für diverse Medien und macht auch sonst allerhand Jux und Tollerei mit dem geschriebenen Wort. Frankfurt/Barcelona
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1 Kommentar

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  • "..die meisten Schau­spie­le­r*in­nen komplett unterbezahlt und müssen weitere Jobs annehmen, um ihre Schauspieljobs überhaupt finanzieren zu können. "

    Oder umgekehrt, die Menschen können neben einen Job, ihrem Hobby nachgehen und beim Schauspiel ein, zwei Sätze sagen.

    Wie sind denn so die Gagen? Und wer braucht so viele Schauspieler?