Neue Fan-Kulturen: Legt euch nicht mit den Swifties an

Ob Britney-Stans, K-Pop-Fans oder Swifties: Fans entdecken ihre politische Schlagkraft, wenn sie sich gemeinsam organisieren und hartnäckig bleiben.

Taylor Swift steht in einer Gruppe von Fans und macht ein Selfie

Swifties werden ironisch die größte politische Macht in den USA genannt Foto: Mark Blinch/reuters

Kürzlich wurde ich gefragt, ob ich glaube, dass sich Fankulturen im Laufe der Zeit verändert haben. Ein Gedanke, dem es lohnt nachzugehen. Ich glaube, es gibt in der Tat eine große Veränderung in den vergangenen Jahren, und die ist politisch. Früher nannte man extreme Fans Groupies, heute sind es (nach Eminems Song) Stans, doch diese oft kritiklose Vergötterung von berühmten Personen ist nicht neu. Den Unterschied macht das Internet.

In den 60ern etwa galt als Erfolg, wenn man ein persönliches Verhältnis zu einem Star hatte, von dem man seinen Freun­d*in­nen und anderen Fans erzählen konnte. Über die bestimmte Peergroup ging das aber nicht hinaus, weil es einfach nicht die technischen Möglichkeiten gab.

Heutzutage sind Stars nicht nur viel weniger nahbar als damals, Fans können sich über Grenzen hinweg organisieren. Und da kommt das politische Moment hinzu. Denn Partizipation in einer Fangemeinschaft ist so genau das: etwas Gemeinschaftliches.

Ich denke auch, dass Fangruppen die Macht, die sie haben, inzwischen bewusst ist. Es war zum Beispiel der hartnäckige Einsatz von Britney-Stans, der schließlich dazu führte, dass die Details über ihre Vormundschaft aufgedeckt und sie davon befreit wurde. Und erinnert ihr euch noch daran, als K-Pop-Fans Tickets für eine Trump-Rally in Tulsa reservierten, damit das Stadion zur Hälfte ungefüllt blieb?

Die größte politische Macht in den USA

Deswegen bin ich auf das neueste Kapitel gespannt. Ticketmaster beziehungsweise sein Mutterkonzern Live Nation, das Konzertticket-Unternehmen, das in den USA quasi eine Monopolstellung hat, hat sich nämlich mit einer sehr mächtigen Fangruppe angelegt, mit der man sich nicht anlegen sollte: den Swifties.

In der taz wurde schon darüber berichtet, dass Ticketmaster dank „dynamischer Preise“, sprich an die Nachfrage angepasste Preise, horrende Summen für die nächste US-Tour von Über-Popstar Taylor-Swift verlangen konnte. Im Endeffekt wurde der Vorverkauf gestoppt, weil Ticketmaster von Millionen von Swift-Fans komplett überrannt wurde, die unbedingt Eintrittskarten ergattern wollten. Ticketmaster hat sich damit schön verkalkuliert und den Zorn der Swifties auf sich gezogen. Einer Gruppe, von der einige scherzhaft sagen, sie stelle die größte politische Macht in den USA dar. Den Swifties traue ich wirklich zu, dass sie diesbezüglich etwas ändern können. Sie sind unnachgiebig, sie sind viele und sie schließen sich online zusammen. Ich wette, den CEOs von Live Nation schlottern – aus guten Gründen! – schon die Knie.

Einen ersten Erfolg gab es bereits: Das Justizministerium schaut sich den Fall jetzt an. Ich persönlich finde das super, denn das zeigt, dass eine organisierte Masse, die auf ein bestimmtes Ziel hinarbeitet, potenziell Macht hat, ein Monopol ins Wanken zu bringen. Und das könnten wir uns auch außerhalb von Fankulturen merken und danach handeln.

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... arbeitet als freie Journalistin mit Schwerpunkt auf Kultur und Gesellschaft für diverse Medien und macht auch sonst allerhand Jux und Tollerei mit dem geschriebenen Wort. Frankfurt/Barcelona

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