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Streik im LibanonEin neuer Tag des Zorns

Im Libanon streiken die Taxi- und Lkw-Fahrer*innen. Sie fordern bezuschussten Treibstoff. Zugleich protestieren sie gegen die Regierung.

Straßenblockade in Beirut am Donnerstag Foto: Bilal Hussein/ap

Frankfurt am Main taz | Im Libanon haben Gewerkschaften am Donnerstag einen „Tag des Zorns“ begangen. Um fünf Uhr morgens begannen Taxi- und Lastwagenfahrende, mit ihren Fahrzeugen die Straßen zu blockieren. Sie protestierten gegen den starken Anstieg der Treibstoffpreise, nachdem die Regierung im Spätsommer die Subventionen auf Treibstoff aufgehoben hatte. Sie forderten, Treibstoff wieder zu bezuschussen, um weiter arbeiten zu können. In der Hauptstadt Beirut wurden auch Müllcontainer genutzt, um Straßen zu sperren.

Die Streiks sollten zwölf Stunden andauern. Doch die Präsidentin des Verbands der Arbeitnehmer*innen, Bechara al-Asmar, warnte, den Streik zu verlängern, sollte es keine Vereinbarungen zur Erhöhung der Gehälter geben. Asmar rief alle libanesischen Regionen zur intensiven Beteiligung auf, um die Besorgnis der Gewerkschaften über die Missachtung des Lebens der Menschen zu äußern. Laut Bassam Teless, dem Vorsitzenden der Verkehrsgewerkschaften, zielt der Streik darauf ab, Druck auf die Regierung auszuüben, um die Arbeitsbedingungen in der Branche zu verbessern.

Der aktuelle Streik ist bedingt durch den Anstieg der Kraftstoffpreise. Angesichts der Straßensperrungen forderte Bildungsminister Abbas Halabi Schulen und Universitäten zur Schließung auf. Auch der Bankenverband beschloss, alle Bankfilialen geschlossen zu halten. Am Abend zuvor hatten Protestierende die Straße vor der Zentralbank blockiert und das Gebäude beschädigt.

Auf einem Video auf Twitter ist zu sehen, wie ein Mülleimer brennt und Protestierende rufen: „Dieb! Riad Salameh ist ein Dieb!“ Salameh ist seit 29 Jahren Chef der libanesischen Zentralbank. Gegen ihn laufen Ermittlungen in Liechtenstein, Luxemburg und der Schweiz sowie ein Strafverfahren in Frankreich aufgrund von Geldwäsche und Unterschlagung. Am Dienstag sprach Richterin Ghada Aoun ein Reiseverbot aus. Die libanesischen Behörden werfen Salameh Betrug und Missbrauch öffentlicher Mittel vor.

Viele sehen Schuld bei politischer Klasse

Der Zentralbankchef gilt als Architekt des Bankensystems im Libanon: An­le­ge­r*in­nen wurden zweistellige Zinserträge gezahlt, Privatbanken verliehen das Geld gegen höhere Gebühren an die Zentralbank – die wiederum gab es dem Staat. Der ist nun pleite, die An­le­ge­r*in­nen haben ihr Geld verloren. Es sind nicht genügend Devisen in der Staatskasse, die lokale Währung verliert an Wert. Alleine in den ersten zehn Tagen des neuen Jahres verlor die Lira 15 Prozent. Insgesamt ist sie seit 2019 um 90 Prozent gefallen.

Tausende haben ihre Arbeit verloren, können ihre Mieten nicht mehr zahlen. Der Staat liefert nur zwei Stunden am Tag Strom, der Rest muss mit Generatoren überbrückt werden, deren Rechnung die Kaltmiete weit übersteigt. Die hohen Treibstoffpreise sind auch dort direkt spürbar: Die meisten Generatoren laufen mit Erdölprodukten.

Vor zwei Jahren hatten Protestierende in Beirut bereits eine „Woche des Zorns“ ausgerufen. Damals protestierten sie gegen Korruption und die beginnende Wirtschaftskrise. Sie machen die politische Klasse und die Banken verantwortlich, die sie als miteinander verwoben ansehen. Diese weisen sich wiederum gegenseitig die Schuld zu.

Human Rights Watch befand in seinem World Report 2022, die „korrupten und inkompetenten libanesischen Behörden“ hätten das Land wissentlich in eine der schlimmsten Wirtschaftskrisen der Neuzeit gestürzt. Die Organisation rief die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf die politischen Entscheidungsträger auszuüben. Diese verweigern seit Jahren dringend notwendige politische Reformen.

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