Streichung von Subventionen: Ecuador im Ausnahmezustand
Der Benzinpreis steigt, weil das Land Sparauflagen des IWF erfüllen muss. Dagegen regt sich Widerstand. Die Transportarbeiter*innen streiken.
Die Proteste der im Transportwesen beschäftigen Arbeiter*innen richten sich gegen eine Anhebung der Treibstoffpreise. Der Ausnahmezustand, der zunächst für 60 Tage gilt, verleiht der Regierung nun weitgehende Vollmachten. Unter anderem kann die Bewegungsfreiheit eingeschränkt und eine Zensur der Medien verhängt werden. Soldaten können an öffentlichen Plätzen eingesetzt werden, Häfen, Flughäfen und Grenzen können geschlossen werden.
Offen ist die Frage, ob Moreno mit diesen Maßnahmen nicht überreagiert hat. Nach Angaben des für die Beobachtung der Proteste zuständigen Sekretariats für Risikomanagement kam es zwar landesweit an 281 Orten zu Demonstrationen. Daran beteiligt hätten sich aber lediglich knapp 21.000 Menschen. Bei den Blockaden von 215 Straßen und Autobahnen wurden 14 Personen verletzt. Moreno selbst hatte kurz nach der Verhängung des Ausnahmezustandes eingeräumt, dass die Situation bereits „ziemlich unter Kontrolle“ war.
Am Dienstag hatte der Präsident ein milliardenschweres Sparprogramm verkündet. Ein Kernpunkt ist die Streichung der jahrzehntelangen Subventionen für Treibstoffe in dem erdölreichen Land. Zukünftig sollen jährlich 1,3 Milliarden US-Dollar eingespart werden. Am Donnerstag stieg der Benzinpreis deshalb von 1,85 Dollar pro Gallone (etwa 3,78 Liter) auf 2,30. Der Preis für Diesel verdoppelte sich. Das brachte das Fass zum Überlaufen.
Ex-Präsident Rafael Correa
Im März hatte Ecuador den Internationalen Währungsfonds (IWF) um einen Standby-Kredit in Milliardenhöhe gebeten, um die Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Regierung zur Senkung des Haushaltsdefizits, zur Flexibilisierung des Arbeitsrechts und zu einer Steuerreform. Schließlich bewilligte der IWF 4,3 Milliarden Dollar. 652 Millionen wurden sofort überwiesen, der Rest erfolgt nach Prüfung, ob Ecuador die zugesagten Verpflichtungen einhält. Zu diesen gehört das Sparpaket.
Austritt aus der Opec
Ecuador leidet unter dem gesunkenen Ölpreis. Vor wenigen Tagen hatte die Regierung in Quito den Austritt aus der Opec zum Jahresende angekündigt. „Diese Maßnahme steht im Einklang mit dem Plan der Regierung, die öffentlichen Ausgaben zu senken und neue Einkünfte zu generieren“, hieß es. Ecuador will mehr fördern, als die von der Opec für das Land festgelegte Quote zulässt.
Erfolglos hatte die Transportarbeitergewerkschaft die Aussetzung der Subventionsstreichungen gefordert und für Donnerstag zum Streik aufgerufen. Moreno machte aber unmissverständlich klar, dass eine Rücknahme nicht in Frage komme, und war ins Zentrum der Proteste nach Guayaquil gereist. „Meine Anwesenheit hier soll verhindern, dass diejenigen, die das Land ausgeplündert haben, weiter plündern“, sagte Moreno. Nach einem letzten gescheiterten Gespräch mit der Transportgewerkschaft legte er nach: „Zu diesen Putschisten sagt Ecuador Nein.“ Er kündigte einen harten Einsatz von Polizei und Militär an, sollte es zu weiteren Krawallen kommen.
Eine prompte Reaktion auf den Ausnahmezustand kam von Morenos politischem Widersacher Rafael Correa. Der in Belgien lebende frühere Präsident und ehemalige Weggefährte Morenos sagte, der Kongress habe die Befugnis, den Ausnahmezustand aufzuheben. Er könne feststellen, ob Moreno seine Pflichten verletzt habe, und ihn schließlich seines Amtes entheben. „Wir alle kennen Morenos Zynismus und seine psychologischen Probleme. Wenn er etwas sagt, ist immer das genaue Gegenteil der Fall“, sagte Correa, dessen politischer Einfluss nach wie vor groß ist.
Die Gewerkschaft der Transportarbeiter*innen kündigte eine Verlängerung des Streiks an.
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