„Strategische Partnerschaft“ mit Indien: Pistorius wirbt für U-Boote
Indien will unabhängiger von Rüstungslieferungen aus Russland werden. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sieht das als große Chance.
Die Unterzeichnung fand in Anwesenheit von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) auf dem Gelände der indischen Werft statt.
Im Falle einer Beauftragung wäre TKMS für Konstruktion und Design der U-Boote sowie für beratende Tätigkeiten verantwortlich und Mazagon für Bau und Ablieferung. Gebaut würden die U-Boote, deren Auftragswert auf 5,2 Milliarden Dollar geschätzt wird, also komplett in Indien.
Trotzdem dürfte der Großauftrag, um den sich auch noch andere bewerben, den Wert von TKMS, dessen Mutterkonzern Thyssenkrupp sich derzeit um einen Verkauf der Marinesparte bemüht, erhöhen.
U-Boote sind für Pistorius „Leuchttürme“
Pistorius sieht den möglichen U-Boot-Deal zwischen Indien und Deutschland als „Leuchtturmprojekt“. Am Vortag hatte er sich in der Hauptstadt Delhi mit seinem Amtskollegen Rajnath Singh (BJP) über die Stärkung der bilateralen Partnerschaft auch auf militärpolitischer Ebene ausgetauscht.
Pistorius betonte dabei die „strategische Partnerschaft“ mit Indien und will Indien bei Rüstungsexporten gern auf eine Stufe mit Australien und Japan stellen. Singh sprach von „fruchtbaren Gesprächen“. Es war der erste Indien-Besuch eines deutschen Verteidigungsministers seit 2015.
Beide Politiker sehen Chinas auftrumpfendes Verhalten zunehmend als wirtschaftliches wie sicherheitspolitisches Problem. Sie tauschten sich zudem über die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine aus, den Indien bisher aber nicht verurteilt hat.
„Wenn Indien und Deutschland im Verteidigungssektor wie bei der Herstellung von U-Booten zusammenarbeiten, wäre das definitiv eine Win-Win-Situation“, kommentierte der indische Militärexperte Uday Bhaskar gegenüber der taz. Das habe lange auf sich warten lassen.
Mehr Indien, weniger China
Hindernisse sieht er wenige. Indien gelte als vertrauenswürdiger Partner, wenn es um Betriebsgeheimnisse im Bereich von Rüstung geht, sagte Bhaskar. Zudem sei es eine Chance für Deutschland, seinen Einfluss in Indien zu stärken, was es bisher zu Gunsten Chinas vernachlässigt habe.
Im Rüstungsbereich sucht auch Indien derzeit aktiv nach neuen Partnern. Drei Viertel seiner importierten Rüstungsgüter stammen bisher aus Russland. Der Krieg in der Ukraine hat Indiens Bestrebungen beschleunigt, sich unabhängiger von Russland zu machen. Doch waren schon zuvor die Rüstungseinfuhren von dort zurückgegangen. Auch gab es in letzter Zeit immer öfter Schwierigkeiten bei der Lieferung von Ersatzteilen.
Indien rüstet zudem weiter auf und will 2024 sein zweites atomar bewaffnetes und atomgetriebenes U-Boot aus heimischer Produktion in Dienst stellen. In den Jahrzehnten nach seiner Unabhängigkeit hatte Indien wenig in die Entwicklung seiner eigenen Rüstungsindustrie investiert. „Deshalb sind wir zu einem der größten Waffenimporteure weltweit geworden und haben damit ein großes Defizit für Indien geschaffen“, so Bhaskar.
Bei Mazagon Dock Shipbuilders wurden bereits in den 1980er Jahren zwei U-Boote mit deutscher Lizenz von HDW gefertigt, dem Vorgänger von TKMS. Zwei andere U-Boote kamen direkt von HDW aus Kiel.
Berlin will mehr Präsenz in Asien zeigen
Indien hat derzeit insgesamt 18 U-Boote, darunter auch Modelle aus Frankreich und Russland sowie zwei heimische Modelle. Der U-Boot-Deal steht im Zusammenhang mit Indiens Stärkung seiner Flotte im Indischen Ozean, wo es sich auch von China herausgefordert fühlt. Peking hat sich in Sri Lanka einen Hafen gesichert und betreibt in Dschibuti seinen bisher einzigen Militärstützpunkt im Ausland. China ist zudem eng mit Indiens Erzfeind Pakistan verbündet.
Die deutsche Bundesregierung will im Rahmen ihrer Indo-Pazifik-Leitlinien mehr militärische Präsenz in Asien zeigen. Dazu gehört auch, gemeinsame Manöver auszubauen. Das nächste Treffen der beiden Verteidigungsminister könnte schon 2024 bei der Münchner Sicherheitskonferenz stattfinden.
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