Straßenblockaden in Berlin: Koalition ist sich uneins
Die rot-grün-rote Regierungskoalition hat Abstimmungsbedarf im Umgang mit den Straßenblockaden. Zeitnah Gespräche geplant.
Anders als Grüne und Linke will die SPD die Gangart gegen die Klima-Aktivisten verschärfen. Unter dem Slogan „Essen retten – Leben retten“ blockieren junge Menschen seit Wochen in Berlin und anderswo zeitweise Autobahnen und Hauptstraßen und kleben ihre Hände auf dem Asphalt fest. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) erklärte letzte Woche, prüfen zu lassen, inwieweit die Kosten für die Auflösung der Blockaden den Aktivsten aufgebürdet werden könnten.
Der RBB hat bei der Polizei ermittelt, dass nach geltender Gebührenordnung pro Einsatz 241 Euro fällig wären. Dazu kämen im Einzelfall Kosten etwa für Lösungsmittel, um die Blockierer von der Straße zu lösen. Zusätzlich sei ein Bußgeld von 55 Euro wegen vorsätzlich ordnungswidrigem Verhalten möglich.
Medienberichten zufolge hat Spranger auch Unterstützung für einen Vorstoß der FDP signalisiert. FDP Fraktionschef Sebastian Cazja hat in einen Antrag ans Abgeordnetenhaus die Einrichtung einer Sonderabteilung bei der Staatsanwaltschaft gefordert. Zuständig wäre Justizsenatorin Lena Kreck (Linke). Von ihr war am Donnerstag keine Stellungnahme zu erhalten.
Gefährliche Diskussion
Grüne und Linke indes erteilten allen Vorhaben eine klare Absage. Blockierer zur Kasse bitten zu wollen, sei eine gefährliche Diskussion, sagte Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken der taz. „Man braucht keine nervösen autoritären Antworten des Staates auf die Straßenblockaden.“ Was bei Protesten zulässig sei und was nicht, sei klar geregelt. Auch Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher der Grünen, sieht das so. „Es braucht keine Verschärfung. Der Rechtsstaat funktioniert.“
Am Mittwoch verlasen Angehörige der „Letzten Generation zur Kampagne Essen retten – Leben retten“ vor dem Reichstag einen offenen Brief, in dem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein Ultimatum gestellt wurde. Bis Sonntagabend solle Scholz einen Zeitplan verkünden, bis zu dem ein „Essen-Retten-Gesetz“ in den Bundestag eingebracht werde. Andernfalls werde man zusätzlich anfällige Infrastruktur in diesem Land stören und „zum Innehalten“ bringen – etwa Häfen und Flughäfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja