Strafgerichtshofurteil zu Rohingya: Ein bisschen Gerechtigkeit

Der Internationale Strafgerichtshof verpflichtet Myanmar, die Rohingya zu schützen. Vielen Flüchtlingen außer Landes gibt das Hoffnung.

Flüchtlinge spiegeln sich in einem Gewässer

September 2017, Rohingya bringen sich in Bangladesh in Sicherheit Foto: Bernat Armangue/ap

Das Weltgericht hat gesprochen: Myanmar ist verpflichtet, Sofortmaßnahmen zum Schutz der seit Jahrzehnten verfolgten Rohingya zu ergreifen. Die Minderheit, deren spektakulärer Exodus nach Bangladesch vor fast drei Jahren weltweit für Aufsehen sorgte, sei weiter extrem gefährdet, so die Richter.

Im Flüchtlingscamp war die Freude über die Nachrichten aus Den Haag groß. Das „Tor für Gerechtigkeit“ habe sich endlich geöffnet, sagte ein Bewohner. Doch bis es so weit ist, könnten Jahre vergehen. Jahre, in denen die Flüchtlinge weiter in den überfüllten Camps in Bangladesch ausharren würden, wo sich mehr als zwei Jahre nach ihrer Ankunft Verzweiflung und Des­illusion breit gemacht haben.

Vor fast einem Jahr habe ich in einer der Hütten Abul Kasim getroffen: Ich interviewte seinen Nachbarn, und plötzlich war er da, saß schüchtern in der Ecke und nestelte an einem aufgerollten Stück Papier herum, bis ich ihn danach fragte. Er habe etwas vorbereitet für den Fall, dass eines Tages ein Journalist in seinem Teil des riesigen Lagers vorbeikäme. In einem handgeschriebenen Brief bat er die UNO um Hilfe. Medikamente, Essen, ein sauberes Zuhause und Gerechtigkeit.

Heute hat er zumindest einen Vorgeschmack darauf bekommen. Ob sich an seinen und den Lebensumständen von mehr als einer Million Flüchtlingen in Bangladesch und von den verbliebenen Rohingya in Myanmar tatsächlich etwas ändern wird, ist allerdings fraglich. Das Urteil ist zwar bindend, aber das Weltgericht hat keine unmittelbaren Machtbefugnisse, um es auch tatsächlich durchzusetzen.

Die Entscheidung des Weltgerichts hat für die Minderheiten in Myanmar historische Tragweite. Aber sie ist am Ende wohl auch nur ein Symbol. Und den höchsten Preis für die Ernüchterung zahlt auch am Ende wieder nur eine Gruppe: die Rohingya. Man würde Abul Kasim und die anderen gerne vor zu viel Enthusiasmus warnen. Aber irgendwie ist heute auch einfach einmal sein Tag.

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