Stiftung Mercator und Klimaschutz: Geld aus dunklen Quellen
Die Stiftung Mercator steckt ihr Geld nicht nur in die Agora-Denkfabriken. Woher ihr Kapital stammt, verschweigt die Dachorganisation Meridian.
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Diese Frage hat die Stiftung Mercator aus Essen schon lange beantwortet. Die Organisation ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt, spielt aber hinter den Kulissen der deutschen Klimapolitik eine entscheidende Rolle. Keine andere Stiftung investiert so viel Kapital und Arbeit in die deutsche Energiewende und die Debatten zur Zukunftsfähigkeit.
Der Einfluss der Financiers hat über die letzten Jahre systematisch eine gesellschaftliche Gegenmacht zu Lobbygruppen für fossile Energieträger aufgebaut. KlimaschützerInnen loben die Unterstützung und Transparenz der Stiftung Mercator, wenn es um die Umsetzung ihrer Projekte geht. Aber die Finanzspritzen haben einen Makel: Woher das Geld stammt, das die deutsche Klimapolitik vorantreibt, bleibt im Dunkeln.
Dabei hängt ein Großteil der Klimaschutzszene in Deutschland am Tropf der Stiftung. Jährlich fördert sie mit etwa 12 Millionen Euro Projekte, die mit Klimafragen zu tun haben. Für alle Förderzwecke zusammen (die Schwerpunkte liegen ansonsten auf Kultur im Ruhrgebiet, Europa und dem sozialen Zusammenhalt) flossen 2019 mehr als 63 Millionen Euro.
Umfangreiches Portfolio
Bei den Klimathemen investieren die Essener vor allem in Forschung, Aufklärung und die Bildung von Netzwerken. Mit ihrem Geld sind die Denkfabriken Agora Energiewende und Agora Verkehrswende entstanden, und sie finanzieren das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, einen Ableger des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
Mit Geld von Mercator arbeiten außerdem Projekte wie klimafakten.de, das im Netz gegen Falschbehauptungen der Klimawandelleugner anschreibt, und Clean Energy Wire, das mit englischen Texten der Welt die deutsche Energiewende erklärt. Dazu fließt Unterstützung für die Renewables Grid Initiative, bei der europaweit Netzbetreiber und Umweltgruppen an neuen Stromnetzen arbeiten, und das Projekt KlimaDiskurs, NRW, das Industrie und Zivilgesellschaft in Nordrhein-Westfalen zur Diskussion zusammenbringt.
Auch die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit und die Wissenschaftsplattform Sustainable Finance, die das Finanzsystem ergrünen lassen soll, bekommen Geld von Mercator. Der Rechenschaftsbericht für das Jahr 2020 weist Zuwendungen für 38 kleinere und größere Institute und Projekte in diesem Bereich aus.
Explizit politisch
„Es ist kaum zu überschätzen, wie wichtig und positiv die Förderung durch die Stiftung Mercator für die Klimadebatte ist“, sagt der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert. Anders als bei Mitteln aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft habe Mercator explizit einen politischen Ansatz, der vorsehe, die Zivilgesellschaft als wichtigen Akteur zu unterstützen. „Sie wollen durch ihre Unterstützung gesellschaftlichen Mehrwert generieren und arbeiten mit der Zivilgesellschaft daran, wie eine Transformation zur Klimaneutralität aussehen kann. Das ist wirklich relevant“, sagt Niebert.
Und anders als die eher unpolitischen Stiftungen, die sich in Deutschland sonst um Umweltschutz bemühen, setzt Mercator bewusst auf eine eher US-amerikanisch geprägte Philosophie, die Gesellschaft zu verändern. „Wir wollen durch fundierte Analyse und undogmatische Gesprächsrunden über ideologische und politische Grenzen hinweg Veränderungen anstoßen“, sagt Lars Grotewold, der den Bereich Klimaschutz bei der Stiftung leitet, im Gespräch mit der taz. „Unser Vorteil als Stiftung: Wir sind unabhängig vom Markt oder von Parteien“, so der Mercator-Manager. „Wenn wir einladen, haben wir keine versteckte Agenda, wie sie Akteuren aus Politik oder Wirtschaft unterstellt wird. Und wir sind klar in unseren Zielen und transparent.“
Wo bleibt die Transparenz?
Kaum transparent ist Deutschlands wichtigster Finanzierer von zivilgesellschaftlichem Klimaschutz allerdings in eigenen Dingen. Woher kommt das grüne Kapital, mit dem die Stiftung Mercator die Trommel für die Klimaneutralität rührt? 2020 hatte sie einen Haushalt von 112 Millionen Euro, das Geld für Projekte bekommt sie aber von ihrer Dachorganisation, der Meridian Stiftung. Die sitzt in Essen, gleich um die Ecke. So offen die Stiftung Mercator ist, wenn es um die Verwendung ihrer Gelder für Projekte geht, so verschlossen zeigt sich ihre Muttergesellschaft bei journalistischen Anfragen nach der Herkunft des Geldes.
In der Meridian Stiftung hat die Essener Kaufmannsfamilie Schmidt einen Teil ihres Geldes angelegt. Das wurde im Großhandel verdient, mit der Metro Group. Die Nachfahren der Familie haben Ende der 1990er-Jahre die Stiftung Mercator und eine Schwesterstiftung in der Schweiz gegründet und „mit erheblichen finanziellen Mitteln aus ihrem Vermögen ausgestattet“, heißt es auf der Homepage. Ein neunköpfiger Beirat überwacht die Arbeit des Vorstands, der die Werte „Weltoffenheit, Respekt und Toleranz“ fördern soll.
Und wie ist das Kapital heute angelegt? Gibt es Ausschlusskriterien für Anlagen? Oder sichern auch Anteile und Fonds das Kapital der Stiftung, die bei ihrem Bezug zum Ruhrgebiet nahelägen – zum Beispiel an den Energiekonzernen RWE und Eon, dem Stahlunternehmen Thyssenkrupp oder dem Chemiekonzern Evonik?
Mit der fehlenden Transparenz in Finanzfragen sind auch MitarbeiterInnen der Mercator Stiftung und der geförderten Institutionen nicht glücklich. Und in der Meridian Stiftung gibt es dazu ebenfalls immer wieder Debatten. Aber bislang lautet die offizielle Antwort auf wiederholte Anfragen nur kurz und knapp: „Eine Veröffentlichung, in welcher Weise die Mittel investiert sind, ist seitens der Meridian Stiftung zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen.“
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