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Stichwahl der Oberbürgermeister in NRWDie erste Grüne für Kölle

Kommentar von Thomas Gesterkamp

Köln könnte am Sonntag clever wählen. Die grüne, kurdische Politikerin Berivan Aymaz ist eine vielversprechende Bürgermeisterin für die Stadt.

Berivan Aymaz im Strassenwahllkampf auf dem Wiener Platz in Köln am 2. September Foto: Bernd Arnold

B erivan Aymaz könnte bei der kommenden Stichwahl in Köln die erste Grüne (und auch noch migrantische) Oberbürgermeisterin einer deutschen Millionenstadt werden. Im ersten Wahlgang vor zwei Wochen lag sie mit 28 Prozent deutlich vor ihrem SPD-Mitbewerber Torsten Burmester, einem Sportfunktionär und früheren Mitarbeiter von Ex-Kanzler Gerhard Schröder.

Aymaz, bisher Vizepräsidentin des NRW-Landtags, wird dem linken Flügel der Partei zugerechnet. Sie hat Chancen, doch es wird knapp. Der bereits ausgeschiedene CDU-Kandidat hat zur Wahl Burmesters aufgerufen. Ob die in Köln mit 9 Prozent unterdurchschnittlich vertretenen AfD-Wähler ein zweites Mal an die Urne gehen, ist ungewiss. Für Aymaz dürften sie überwiegend nicht stimmen.

Die Grünen sind eine Partei der Innenstädte – das gilt auch für Berlin, Hamburg, Frankfurt oder München. In den gentrifizierten Vierteln der Metropolen, wo viele Akademiker und junge Leute wohnen, wo sich alternative Cafés und vegane Imbissbuden aneinanderreihen, fahren sie satte Mehrheiten ein.

An der Peripherie aber schwächeln sie. In den bürgerlichen Vororten dominiert meist die CDU, in den Hochhausvierteln am Stadtrand die AfD. „Die Zentren der Großstädte sind nicht repräsentativ für die Stimmung im Land“, analysiert Wahlforscher Ansgar Hudde. Der Soziologie hat die regionale Stimmenverteilung bei der Bundestagswahl analysiert. Seine These: Die Mehrheit der Deutschen lebt außerhalb dieser politisch homogenen Blasen.

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Ein Erfolg der grünen Kölner OB-Kandidatin Aymaz wäre ein prägnantes Beispiel für das „Grün-links-Wahlmuster“, wie es Hudde nennt. In diesen Stadtteilen und Stimmbezirken finden Grüne und Linke starken, rechte Parteien dagegen wenig Zuspruch. Doch dieses Muster ist bundesweit betrachtet die große Ausnahme.

Nur ein Zwölftel der Deutschen lebt in den Zentren der großen Städte – allerdings besonders viele derjenigen, die mit Politik, Wissenschaft oder Medien zu tun haben. Was sie vor der Tür erleben, verzerrt ihre Wahrnehmung. Insofern ist keineswegs klar, dass die Grünen in Köln – oder in der noch mehr von diesem Milieu geprägten Unistadt Münster – am Sonntag das Rennen machen.

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1 Kommentar

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  • Das ging wohl nach hinten los, für Frau Aymaz hat es nicht gereicht.