Steuerschätzung wird vorgestellt: Die Schulden werden weiter steigen
Die Steuerschätzung, die am Donnerstag veröffentlicht wird, könnte ein düsteres Bild zeichnen. Auch für 2021 bleibt die schwarze Null unrealistisch.
Erste Berechnungen des Finanzministeriums deuten daraufhin, dass die Steuereinnahmen 2020 um etwa 10 Milliarden Euro unter der Schätzung vom vergangenen Mai bleiben könnten. Damals hatte der Arbeitskreis Steuerschätzung bereits einen Rückgang der Einnahmen des Bundes um 44 Milliarden Euro prognostiziert.
Der Einbruch ist das Ergebnis der Coronakrise: Kontaktbeschränkungen, Geschäftsschließungen, Kurzarbeit und Schrumpfung der Wirtschaft um etwa 5,8 Prozent in diesem Jahr. Die Unternehmen zahlen weniger Gewinnsteuer, die Beschäftigten weniger Lohn- und Einkommensteuer. Wie sich die coronabedingte Wirtschaftskrise genau auf die Staatsfinanzen auswirkt, ist augenblicklich jedoch schwer zu ermitteln.
Der weitere Rückgang der Steuereinnahmen könnte sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Aber nicht nur die Folgen der Coronakrise sind dafür verantwortlich, sondern auch frühere Beschlüsse der Koalition. So haben Union und SPD die Steuerbelastung leicht gesenkt, um die sogenannte kalte Progression auszugleichen. Außerdem steigt 2021 beispielsweise der steuerliche Kinderfreibetrag.
Auch die Kassen brauchen extra Geld
Neben geringeren Einnahmen machen sich im Bundeshaushalt nächstes Jahr auch teilweise höhere Ausgaben bemerkbar. Wegen der gestiegenen Arbeitslosigkeit und verminderten Arbeitszeiten gehen den gesetzlichen Krankenkassen Sozialbeiträge verloren. Sie haben bereits einen Zuschussbedarf aus dem Bundeshaushalt von rund 17 Milliarden Euro angemeldet. Auch die Bundesagentur für Arbeit dürfte eine Finanzspritze brauchen.
Positiv wirkt der bescheidenen Finanzlage die Erholung der Wirtschaft entgegen. Nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verläuft sie in Form des Buchstaben V – soll heißen: scharfer Rückgang, aber auch schnelle Erholung. Nächstes Jahr könnte das Wachstum um die 4 Prozent betragen. Voraussetzung: Harte Kontaktbeschränkungen wie dieses Jahr werden nicht mehr eingeführt.
Trotzdem, so Scholz und Gatzer, muss zumindest der Bund auch 2021 mit zusätzlichen Schulden rechnen. Er wird seine Ausgaben nicht aus den Einnahmen decken können wie in den vergangenen Jahren. Es geht wohl kein Weg daran vorbei, die Schuldenbremse nach 2020 auch für 2021 außer Kraft zu setzen.
Dieses Jahr plant Scholz mit einem schuldenfinanzierten Defizit von rund 200 Milliarden Euro. Wenn es gut läuft, sinkt diese Summe bis Jahresende auf 150 Milliarden. Nächstes Jahr könnten dann zusätzliche Kredite von etwa 80 Milliarden Euro nötig werden. Den Haushalt für 2021 und die mittelfristige Finanzplanung beschließt das Bundeskabinett voraussichtlich in zwei Wochen.
Steuererhöhungen oder wesentliche Sparmaßnahmen will die Koalition den Bürger:innen im Jahr der Bundestagswahl wahrscheinlich nicht zumuten. So wird der gesamte Schuldenstand einstweilen weiter steigen – bis er durch den erwarteten Aufschwung von selbst wieder abnimmt.
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