Steuergelder in Italien: Bizarrer Streit um Amri-Leiche
Der Bürgermeister von Sesto San Giovanni will die Kosten des Leichenhauses in Mailand nicht tragen. Dort wurde der tote Attentäter Anis Amri aufbewahrt.
Dabei ist die Rechtslage eindeutig. Für die Aufbewahrung einer von niemandem beanspruchten Leiche muss die Gemeinde aufkommen, in deren Gebiet der Todesfall eingetreten ist. Anis Amri, der Attentäter des Berliner Weihnachtsmarkts, war am 23. Dezember 2016 nach tagelanger Flucht bei einem Feuergefecht mit zwei Polizisten vor dem Bahnhof von Sesto San Giovanni erschossen, dann aber ins Leichenhaus von Mailand gebracht worden.
„Es interessiert mich absolut nicht, wenn das nationale Gesetz vorsieht, dass die Post-mortem-Ausgaben für eine von niemandem beanspruchte Person zulasten der Gemeinde gehen, wo er gestorben ist“, gab der Bürgermeister kund, schließlich „sprechen wir hier von einem Monster, das keinerlei Barmherzigkeit verdient hat“.
Sechs Monate im Leichenhaus
„Das Geld meiner Bürger“ jedenfalls, so Di Stefano, werde er nie und nimmer herausrücken, um „dieser schändlichen und beleidigenden Forderung nachzukommen“. Und um deutlich zu machen, dass es ihm ernst ist, schrieb er umgehend an Italiens Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni, teilte ihm seine Haltung mit und forderte ihn auf, „aktiv zu werden, damit die Rechnung von der tunesischen Regierung beglichen wird“.
Amris Leiche hatte mehr als sechs Monate in dem Mailänder Leichenhaus gelegen; erst am 29. Juni 2016 wurde sie schließlich nach Tunesien ausgeflogen und dort der Familie übergeben. Gleich aus mehreren Gründen hatte sein Fall in Italien hohes Aufsehen erregt. Amri war im Februar 2011 als Flüchtling aus Tunesien nach Lampedusa gelangt. Im Oktober des gleichen Jahres kam er in Haft, weil er in seiner Flüchtlingseinrichtung einen Brand gelegt hatte, und saß bis zum Mai 2015 in Italien ein.
Zu den Opfern seines Anschlags auf dem Berliner Weihnachtsmarkt vom 19. Dezember 2016, der insgesamt zwölf Menschenleben forderte, zählte auch eine junge Italienerin. Und schließlich führte ihn seine Flucht wieder zurück nach Italien. Amri reiste über Lyon und Turin nach Mailand, dort nahm er einen Bus in die Nachbarstadt Sesto San Giovanni.
Als ihn zwei Streifenpolizisten in der Nacht des 23. Dezember kontrollierten, zog Amri eine Pistole, eröffnete das Feuer und verletzte einen der beiden Polizisten. Dessen Kollege gab daraufhin den Todesschuss auf Amri ab. Am 29. Juni 2017 schien die Akte Amri mit der Überstellung der Leiche nach Tunesien endgültig geschlossen. Mit dem Streit um die Rechnung des Leichenhauses ist sie wieder offen.
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