Steuerfahndung nach Airbnb-Vermietern: Jetzt kommt der SteuAirbnbscheid
Steuerfahnder werten die Daten von 10.000 Berliner Anbietern von Airbnb-Ferienwohnungen aus. Die Gesetzeslage wird angepasst.
Gemeinsam mit anderen Bundes- und Landesbehörden hatte diese in einem mehrjährigen Verfahren die Herausgabe der Vermieterdaten der Jahre 2012 bis 2014 erstritten. Darunter befinden sich laut Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) etwa 10.000 Berliner Ferienwohnungsanbieter*innen mit Namen, Anschriften und Vermietungsumsätzen, allesamt mit Einnahmen im vier- bis fünfstelligen Bereich.
Die Finanzamtsabteilung für Strafsachen und Steuerfahndung hat die Ermittlungen aufgenommen und will etwaige Steuersünder durch den Abgleich mit den abgegebenen Steuererklärungen überführen. Einnahmen aus der Wohnungsvermietung über einem Freibetrag von 520 Euro im Jahr müssen grundsätzlich versteuert werden, sofern das Gesamteinkommen über dem Grundfreibetrag – für Singles sind das 9.408 Euro – liegt. Bei Verstößen drohen neben der Nachzahlung der hinterzogenen Steuern plus Zinsen Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. Ohne Strafe kann nur davonkommen, wer sich selber anzeigt.
Sebastian Schlüsselburg, Sprecher der Linksfraktion für Rechtspolitik und Datenschutz, wollte nun in einer Kleinen Anfrage – deren Antwort der taz exklusiv vorliegt – wissen, wie viele Selbstanzeigen bereits eingegangen sind. Das überraschende Ergebnis: keine. „Ich wundere mich über die Gelassenheit der Airbnb-Vermieter. Die Überprüfungen durch die Steuerfahndung laufen auf Hochtouren“, so Schlüsselburg. Ohne Selbstanzeige drohen Steuersündern „empfindliche Strafen“. Bei gravierenden Fällen könnten sofort strafrechtliche Ermittlungsverfahren eröffnet werden.
Airbnb-Steuersünder
Bei vergleichbaren Fällen, in denen öffentlich bekannt wurde, dass Behörden an bislang geheime Daten gelangt sind, etwa beim Ankauf von Steuer-CDs aus der Schweiz oder bei Recherchen zu den Panama Papers, hatte es stets eine Vielzahl von Selbstanzeigen gegeben. In den Jahren 2017 und 2018 etwa hatten sich 130 Berliner*innen im Zusammenhang mit Geldanlagen in der Schweiz, Luxemburg und Liechtenstein selbst angezeigt.
Schlüsselburg ist sich sicher, dass auch viele Airbnb-Vermieter*innen ihre Einnahmen nicht ordnungsgemäß versteuert haben, etwa weil sie „sich darauf verlassen haben, dass die Daten in Irland sicher sind“. Finanzstaatssekretär Fréderic Verrycken hatte Anfang September im Abgeordnetenhaus ebenfalls gesagt, er gehe davon aus, „den einen oder anderen Steuersünder dadurch identifizieren zu können“.
Auch wer in den Jahren nach 2014 seine Wohnung über Airbnb vermietete und dabei den Staat um Steuern betrog, ist nicht auf der sicheren Seite. Inzwischen versucht Hamburg auch für die zurückliegenden Jahre die Daten von dem Konzern zu erlangen.
Steuergeheimnis statt Verfolgung von Zweckentfremdung
Die Bezirke, die mittels des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes die Vermietung von Ferienwohnungen regulieren, dürfen indes nicht auf die Steuerdaten zugreifen, etwa um illegal vermietete Wohnungen ausfindig zu machen. Die Senatsverwaltung für Finanzen schreibt in der Antwort auf Schlüsselburg, dass diese Daten dem Steuergeheimnis unterliegen; eine Wiedergabe sei nur zulässig, wenn dies „ausdrücklich gesetzlich zugelassen ist“.
Schlüsselburg kündigte gegenüber der taz an, eine entsprechende Bundesratsinitiative zur notwendigen Änderung der Abgabenordnung anzustoßen: „Wir müssen endlich die unsichtbaren illegalen Vermietungen sanktionieren.“ Dies sei mit den erlangten Steuerdaten „einfacher als bisher möglich“.
In Berlin brauchen Vermieter*innen von Ferienwohnungen eine Registriernummer, sofern sie kein Gewerbe vermieten. Das führt dazu, dass sich bei Airbnb Anzeigen mit und ohne Registriernummern finden, ohne dass daraus hervorgeht, ob Anzeigen ohne Nummer keine benötigen oder gegen das Gesetz verstoßen. Von den etwa 20.000 Ferienwohnungen in der Stadt, die es zumindest vor Corona gab, hatte aber nur ein Bruchteil die offizielle Registrierung durchlaufen.
Der neue Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) hatte angekündigt, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu überarbeiten und künftig eine Registriernummerpflicht für alle Anbieter einzuführen. Auf Anfrage der taz bestätigt nun die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, dass die Novellierung bezüglich einer „generellen Registrierpflicht“ bereits fertiggestellt sei. Demnächst werde sich der Senat damit beschäftigen – noch vor Jahresende soll das Gesetz ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher