Stellenstreichungen bei WAZ-Konzern: Neues Holzen in NRW
Im Westen werden noch mehr Stellen abgebaut. Und der Osten soll sich beim Rausschmiss des "Thüringer Allgemeine"-Chefs nicht so haben.
Das große Aufräumen bei der WAZ-Gruppe geht weiter. Nachdem in den letzten Tagen mit dem Quasi-Rauswurf von Chefredakteur Sergej Lochthofen bei der Thüringer Allgemeinen in Erfurt der Fokus im Osten der Republik lag, sind nun wieder die WAZ-Stammlande dran: In Nordrhein-Westfalen sollen noch einmal rund 300 Stellen angebaut werden. Schließlich schreiben derzeit alle WAZ-Titel rote Zahlen. Und die Auflagen sinken munter weiter.
In den Redaktionen der drei WAZ-Titel (WAZ, WR, Westfalenpost, NRZ) wurden seit Jahresbeginn schon knapp 300 Arbeitsplätze - rund ein Drittel der redaktionellen Gesamtkapazität - abgebaut oder fallen nach Auslaufen von Altersteilzeitmaßnahmen weg. Eine Zentralredaktion am Sitz der WAZ in Essen versorgt nun alle Titel mit Ausnahme der Westfalenpost mit dem Gros der überregionalen und regionalen Beiträge. Im nächsten Schritt trifft es wie erwartet auch den Verlag: Rund 100 Arbeitsplätze sollen in den Geschäftsstellen, weitere knapp 200 Stellen in den Zentralbereichen der WAZ-KG wegfallen, kündigte WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus im Branchenblatt w&v. Der Anzeigenbereich kommt ebenfalls nicht ungeschoren davon, so Nienhaus. Für mit dem Stellenabbau verbundene Kosten stellt der Konzern noch einmal rund 30 Millionen Euro zurück. Die WAZ-Titel in NRW würden 2009 alle rote Zahlen schreiben, sagte Nienhaus. Nächstes Jahr sollen aber schon wieder Gewinne sprudeln. Der Gesamtkonzern werde auch 2009 ein positives Jahresergebnis vermelden können.
Kritik am Vorgehen der WAZ bei der TA ficht den Mann, der erst dieses Jahr von Springer kam und als Spezialist für Redaktionszusammenlegungen gilt, nicht an. Er könne mit dem Entsetzen über Begründung und Stil der Lochthofen-Entlassung nichts anfangen, sagte Nienhaus. Der während der Wende in der DDR Anfang 1990 von der Redaktion zum Chefredakteur gewählte Lochthofen war vergangene Woche zunächst zum Jahresende seines Amtes enthoben worden und wurde am Dienstagabend freigestellt (taz von gestern). Nienhaus gibt sich nun verwundert, dass "der Wechsel auf einer wichtigen Führungsposition von interessierter Seite als ein Angriff auf die Pressefreiheit kommentiert wird". Leitungsposten seien "in unserer demokratischen Gesellschaft immer nur auf Zeit vergeben. Das gilt auch für die Position des Chefredakteurs."
In Thüringen gibt Lochthofens Nachfolger Paul-Josef Raue, der kurzfristig von seinem bisherigen Posten als Chefredakteur der ebenfalls zum WAZ-Reich gehörenden Braunschweiger Zeitung nach Erfurt abkommandiert wurde, offenbar zunächst nur ein kleines Gastspiel: Raue habe angekündigt, wie geplant kommende Woche seinen Urlaub anzutreten und bis dahin "nicht in das operative Geschäft einzugreifen", heißt es bei der TA. "Der ist nur so schnell gekommen, damit sie den anderen wegschicken konnten." Die Absetzung Lochthofens sorgt auch weiterhin für Protest von LeserInnen und aus Politik und Wirtschaft. Für den morgigen Freitag habe Raue, der vor seinem Urlaub noch den wichtigsten Spitzenpolitikern des Freistaats seine Aufwartung machen will, daher TA-Leser zum Gespräch nach Erfurt eingeladen, heißt es aus der Redaktion.
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