Stellenabbau und neue Abteilungen: Wadephul baut das Außenministerium um
Anpassung an die neue Lage: Im Auswärtigen Amt sollen Sicherheits- und Wirtschaftspolitik künftig Vorrang haben. Außerdem muss gespart werden.
So einfach wollen die Grünen Außenminister Johann Wadephul nicht davonkommen lassen. Der CDU-Politiker hat im Bundestag gerade zum Haushalt des Auswärtigen Amtes gesprochen und die geringeren Mittel, die für humanitäre Hilfe zur Verfügung stehen, einen „beklagenswerten Zustand“ genannt. „Ein Bundeshaushalt, der 180 Milliarden neue Schulden macht, muss auch berücksichtigen, dass im humanitären Bereich größte Aufgaben für uns warten“, sagte Wadephul.
Im Vergleich zu 2024 wurden die Gelder für die humanitäre Hilfe um mehr als die Hälfte auf 1,05 Milliarden Euro gekürzt. Wenn die humanitäre Hilfe ihm so am Herzen liege, will Deborah Düring, die außenpolitische Sprecherin der Grünen, jetzt wissen, warum werde diese in seinem Ministerium künftig „nicht mehr gebündelt, sondern zerschlagen“?
Wadephul hatte in seiner Rede eine Umstrukturierung des Auswärtigen Amtes angekündigt, die bereits seit Dienstag in der Fachöffentlichkeit für Aufregung sorgt. Da hatte sich zunächst der Minister mit einer Videobotschaft, dann hatten sich die Staatssekretäre Géza Andreas von Geyr und Bernhard Kotsch schriftlich mit näheren Details an die Beschäftigten gewandt. Das Schreiben, das auch der taz vorliegt, fand schnell den Weg in die Öffentlichkeit.
Demnach soll künftig die Sicherheits- und Wirtschaftspolitik im Auswärtigen Amt Vorrang haben. Es soll eine eigene Abteilung für Sicherheitspolitik und eine für EU-Politik und Geoökonomie geben. Die Abteilung für Stabilisierung, aus der bislang das Geld für die humanitäre Hilfe verteilt wird, soll aufgelöst werden. Diese Mittel –und auch die für Stabilisierung und Krisenprävention – sollen künftig von den sogenannten Länderreferaten vergeben werden. Davon soll es vier geben: Europa, Amerika, Asien und Pazifik sowie Naher/Mittlerer Osten und Afrika. Sie sollen insgesamt mehr Verantwortung bekommen, um die bilaterale Diplomatie zu stärken.
Schlagkraft
Oberste Leitlinie bei der Umstrukturierung sei es, „unsere Wirksamkeit in den Bereichen der Sicherheitspolitik, der Internationalen Ordnung und der Wirtschaftsförderung und -sicherheit zu erhöhen“, heißt es in dem Schreiben der beiden Staatssekretäre. Die Schlagkraft des Amtes solle erhöht und die Außenpolitik stringenter werden. Und „noch stärker interessensgeleitet“.
Außerdem müssen, so hat es die Bundesregierung vorgegeben, 8 Prozent der Stellen eingespart werden. Wadephul will dies vor allem in der Zentrale umsetzen. Das sei „schmerzlich, aber notwendig“, sagte er im Bundestag. Das Auswärtige Amt hat knapp 3.100 Mitarbeiter in der Zentrale sowie gut 3.200 in den rund 230 deutschen Auslandsvertretungen. Hinzu kommen fast 5.600 lokal Beschäftigte. Von rund 570 Stellen, die bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2029 vor allem in der Zentrale in Berlin gestrichen werden sollen, ist die Rede.
Hilfsorganisationen schauen kritisch auf die geplante Umstrukturierung. „Über Jahre hat diese Struktur verlässliche, schnelle und prinzipienorientierte humanitäre Hilfe ermöglicht. Dass sie nun zerschlagen werden soll, birgt das Risiko von Kompetenzverlust und Verzögerungen – in einer Zeit, in der Menschen in Krisen genau das nicht verkraften können“, sagt etwa Thorsten Klose-Zuber, der Generalsekretär der Organisation Help. Nach den massiven Kürzungen sende dies ein weiteres fatales Signal aus: „Humanitäre Hilfe könnte stärker an strategischen Interessen ausgerichtet werden.“
Wadephul kündigte unterdessen im Bundestag an, bei der humanitären Hilfe über den Haushaltstitel hinausgehen zu wollen. Das sei in „entsprechenden dringenden Fällen“ möglich, antwortete er auf die Frage der Grünen-Abgeordneten Düring.
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