Stellenabbau bei der Commerzbank: Siechtum einer Großbank
Der Aufsichtsrat der teilstaatlichen Bank entscheidet über die neuen Sparpläne des Vorstands. 4.300 Stellen und 200 Filialen sollen weg.
Die Finanzkrise 2007/08 hatte die zweitgrößte deutsche Bank schwer getroffen. Anders als die Deutsche Bank benötigte die Commerzbank die Hilfe des Staates. Noch heute gehören dem Bund 15,6 Prozent der Frankfurter Großbank. Für dieses Aktienpaket wendete die öffentliche Hand – je nachdem welcher Experte gefragt wird – zwischen 3 und 5 Milliarden Euro auf.
Unumstritten ist allerdings, dass der Anteil heute nur noch rund 1 Milliarde Euro wert ist. Seit der Teilverstaatlichung ist der Börsenkurs kräftig gefallen. Dazu trug vor allem die unverdaute Übernahme der dritten deutschen Großbank, der Dresdner Bank, kurz nach der Krise bei.
Vor gut zwei Jahren hatte Vorstandschef Zielke mit der Zustimmung des Betriebsrats das Programm „Commerzbank 4.0“ aufgelegt. Die Bank sollte zusammen mit dem hoch profitablen Online-Ableger Comdirect zur Technologiebank mutieren, bis Ende 2020 würden rund 7.300 Stellen gestrichen werden – auf dann rund 38.000 Vollzeitstellen. Gleichzeitig wurde – gegen den Branchentrend – das Filialnetz ausgebaut. Neukunden durften sich sogar über ein Begrüßungsgeld von 100 Euro freuen. Eine Million neuer Kunden sollen die Prämie dankend angenommen haben.
Deutsche Banken international hintendran
Der Versuch hat sich offenbar nicht ausgezahlt. Das Gründungsmitglied Commerzbank flog 2018 aus dem DAX, dem Leitindex der Deutschen Börse. Am Finanzmarkt ist die vermeintliche Großbank heute mit einem Wert von weniger als 7 Milliarden Euro eher eine Kleinbank. Anderseits erwirtschafteten die weltweit rund 49.400 Beschäftigten 2018 einen Gewinn nach Steuern von nahezu 1 Milliarde Euro. Und im zweiten Quartal 2019 betrug der Gewinn trotz ungünstiger Rahmenbedingungen immerhin 391 Millionen Euro.
Dennoch ist die Eigenkapitalrendite mit etwa 3 Prozent selbst für deutsche Maßstäbe (im Schnitt 6 Prozent) mau. Hinter der internationalen Konkurrenz mit Renditen von bis zu rund 10 Prozent plus x hinkt die Commerzbank weit hinterher, wie auch die Deutsche Bank. Die internationale Konkurrenz genießt allerdings auf den Heimatmärkten oft ein Oligopol. Und setzt stärker auf das spekulative Investmentbanking.
Zielke zog am vergangenen Freitag die Reißleine. Kaum der von der Bundesregierung erwünschten Zwangsfusion mit der Deutschen Bank entronnen, will der Vorstand von den bisher geplanten bundesweit 38.000 Stellen zusätzlich 4.300 streichen sowie 200 Filialen schließen.
Die Gewerkschaft Verdi, die in Gestalt von Gewerkschaftssekretär Stefan Wittmann, der auch im Commerzbank-Aufsichtsrat sitzt, im Vorfeld noch davor gewarnt hatte, „jeder weitere Personalabbau wäre eine Operation am offenen Herzen“, blieb bisher sprachlos. Selbst noch eine Woche nach Bekanntwerden des neuen Strategiepapiers „Commerzbank 5.0“ erklärt eine Sprecherin des Bundesvorstands vor der abschließenden Aufsichtsratssitzung auf Anfrage der taz: „Keine Äußerung.“ Dabei hatte der damalige Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske das Scheitern der Fusionspläne mit der Deutschen Bank im April noch in den höchsten Tönen gelobt. Die Nachteile einer solchen Fusion hätten „vor allem in Bezug auf die Arbeitsplätze deutlich überwogen“.
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