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Steinbrücks neuer PressesprecherPeer erlebt ein kleines Vietnam

SPD-Spitzenkandidat Steinbrück hat den Ex-Lobbyisten Rolf Kleine zu seinem Pressesprecher gemacht. Der soll auf Facebook rassistische Kommentare gepostet haben.

Unter dieses Bild vom vietnamesischen Ex-Minister Võ Nguyên Giáp schrieb Kleine: „Die FDP ist wieder da" Bild: Agencia Brasil / CC-BY

KÖLN taz | Es sollte ein Befreiungsschlag werden, doch nun hat SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück schon wieder Probleme mit seinem Pressesprecher. Erst am Montag als Nachfolger des glücklosen Michael Donnermeyer ernannt, steht Rolf Kleine bereits kräftig unter Beschuss. Die Jungen Liberalen (JuLis) werfen ihm „Alltagsrassismus“ vor. Die FDP-Jugendorganisation fordert seinen Rausschmiss.

Hintergrund ist ein Post auf Kleines Facebook-Profil. Anlässlich der Landtagswahl in Niedersachsen hatte der 52-jährige Journalist unter ein Foto des greisen früheren vietnamesischen Verteidigungsministers Võ Nguyên Giáp geschrieben: „Die FDP ist wieder da!“ Kleine fand das wohl lustig. Damit habe er „sich schon vor Dienstantritt als Alltagsrassist“ entpuppt, empört sich nun der JuLis-Bundesvorsitzende Lasse Becker. „Wir fordern Peer Steinbrück dazu auf, seinen neuen Pressesprecher umgehend wieder zu entlassen!“

Weder Steinbrück noch die SPD haben sich bislang zu den Anwürfen geäußert. Auch Kleine blieb zunächst stumm. Aber er reagierte, wenn auch für einen vermeintlichen Kommunikationsprofi etwas eigentümlich. Sein Facebookprofil ist inzwischen nicht mehr abrufbar: „Diese Seite ist leider nicht verfügbar.“ Er hat sie anscheinend gelöscht.

Statt Krisenmanagement in eigener Sache zu betreiben, wurde Kleine eigentlich engagiert, um die Tapsigkeiten Steinbrücks auszubügeln. Besser als sein Vorgänger Donnermeyer soll er darauf achten, dass beispielsweise peinliche Sprüche des Kanzlerkandidaten über die vermeintlich zu schlechte Bezahlung des Kanzlerjobs bei Interviewautorisierungen künftig unter den Tisch fallen.

Lobbyist für einen skrupellosen Wohnungskonzern

Auf Verwunderung stößt Kleines Berufung allerdings nicht nur wegen seines etwas flapsigen Agierens in sozialen Netzwerken. Weitaus problematischer erscheint, dass sich Steinbrück mit dem gebürtigen Osnabrücker ausgerechnet den Cheflobbyisten des größten deutschen Wohnungskonzerns an seine Seite geholt hat.

Die Deutsche Annington, hinter der die Londoner Private-Equity-Gesellschaft Terra Firma Capital Partners steht, hat den Ruf einer skrupellosen Immobilienheuschrecke, die wenig Rücksicht auf Mieterinteressen nimmt. Mit dem „Aktionsprogramm für eine solidarische Stadt und bezahlbares Wohnen“, das Steinbrück im Falle seiner Wahl versprochen hat, dürften sich die Aktivitäten von Kleines bisherigem Arbeitgeber jedenfalls nur schwer vereinbaren lassen.

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19 Kommentare

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  • A
    Arne

    Je unmöglicher sich Steinbrück macht, desto einfach wird es als nächstes die Kohlelobbyisten und die Clement(FDP)-Ziehtochter Kraft als Alternative zu verkaufen, obwohl diese Karrieristin, die erst 1994 in die SPD eintrat, weil eine höhere Position ansonsten bei der ZENIT NRW unwahrscheinlich gewesen wäre, eben der Schröder/Clement-Bande "Genossen der Bosse" ebenso nahe, wenn nicht näher steht wie Steinbrück.

  • R
    Reinhold

    Für Steinbrück wartet bei ThyssenKrupp sein gutbezahlter Posten im Aufsichtsrat. Zudem kann er, über BDA-BDI-DAX-Konzern-Vermittlung, mehr gutbezahlte Vorträge halten, u. a. bei den Familien der deutschen Finanz-, Monopol- und Erbschafts-Großbourgeoisie.

  • J
    Joline

    Für seinen Wahlkmapf hat Steinbrück sich jetzt schon die Auszeichung "Orden wider den tierischen Ernst" der Kölner Narren verdient.

     

    Mir gefällt diese Show, und da Rot-Grün eh rechnerisch nicht gewinnen kann, zumindest nicht solange sie eine Koalition mit der Linken ausschließen, ist es doch eh egal, was der Vize-Kanzlerkandidat der Agenda-Bande so treibt.

  • DK
    Der Kanzler ?

    Wer den Charkakter Steinbrücks durchschauen will, der muss sein wie Er- ausgebufft eben. SPD war gestern-Steinbrück ist heute.Steinbrück scheint sich unter halbseidenen Kreaturen am wohlsten zu fühlen.Offensichtlich haben Menschen mit Moral in den Parteien keine Zukunft mehr.- Wer hat der SPD eigentlich die Gehirnwäsche verpasst? Seit Schöder sind diese Lobby-Trottel nicht mehr wiederzuerkennen. Es ist aber wirklich keine Partei mehr vorhanden, der man die Stimme geben möchte.

  • K
    kwee

    sehr geehrter herr steinbrück,

     

    wir brauchen eine sozialistische Partei, wenn nicht sogar eine kommunistische Partei in Deutschland, aber Ihr Wahlkampf lässt mich an ihrer Fähigkeit zweifeln Menschen zusammenzubringen und zu führen, um Ideen zu entwickeln. Stattdessen haben sie haben einen losen Haufen von Menschen als Kompetenzteam aufgestellt, die ihre Defizite ausgleichen sollen. Das fing schon bei der Troika an. Ihr letzter Neuzugang ist dabei der absolute Coup.

    Während sie in Kooperation mit Helmut Schmidt zu China/Ostasien-freundlich, beinahe apologetisch sind, haben sie nun einen ekelhaft naiven populistischen Rassisten als Pressesprecher engagiert...

    Der perfekte Ausgleich.

    Die Besetzung von Rolf Kleine ist für mich, der ich mein ganzes Leben lang die subtile Diskriminerung meiner asiatischen Herkunft erfahren habe, eine Beleidigung.

    Asiaten werden als schwach, geradezu weibisch, zu jugendlich, harmlos, grau dargestellt, so wie Türken und Schwarze umgekehrt als aggressiv und bedrohlich dargestellt werden. Geben sie mal bei Google "Fipsi Rösler" ein. Es hat einen Grund, warum Asiaten den öffentlichen Raum meiden und lieber im privaten Sektor Karriere machen... Kann mir einer bekannte Ostasiaten in Deutschland nennen?... Ich kann sie an einer Hand abzählen.

    Wenn Deutsche auf ihre Authenzität und ihren Klartext stolz sind, dann macht mir das Sorgen. Der authentische Deutsche der Klartext spricht, die Sachen mal auf den Tisch legt, tut dies gerne auf Kosten der Anderen. Klartext ist kein Wert an sich, es ist nicht mal eine Eigenschaft.

    Aber mein Gott!!! Wir brauchen eine linke Politik in Deutschland. Linke Ideen, die die internationale Situation erfassen. Aber wo sind die Ideen?... Sie liefern nur ein diverses Portfolio an Menschen, die ohnehin keine Ministerposten belegen werden können. Eine Koalition mit den Grünen wird so teuer erkauft sein, dass fast die Hälfte der Posten überhaupt nicht zu Ihrer Verfügung stehen werden. Wo bleibt die Realität?

    Nun kann man natürlich auf das Wahlprogramm verweisen.

    Aber ein Wahlprogramm ist nur Tinte auf Papier. Die Politik, die am Ende herauskommt hängt von Ihren Überzeugungen ab. Aber sie trauen Ihren eigenen Überzeugungen scheinbar kaum, wenn sie sich durch ihr Chaos-Kompetenz-Team vertreten lassen wollen. Die einzige Chance, die sie jetzt noch haben, ist den Wahlkampf komplett zu überholen...

    Nicht einfach Klartext ist die Lösung, sondern ein echter inhaltlicher Diskurs. In was für einer Gesellschaft, in was für einer Welt wollen wir leben?.... Was heißt Links?... Die SPD muss sich in einem öffentlichen Diskurs mit den Grünen, den Piraten UND den Linken über ihre Vision Deutschlands im 21. Jahrhundert streiten... Jawohl, streiten!!! Es geht um eine politische Idee, um Überzeugungen. Nicht um Parteienstreit. Es gibt eine linke Mehrheit in Deutschland. Sicherlich ist sie konfus, widersprüchlich, teilweise verlogen und unehrlich, aber sie ist vorhanden. Einigkeit muss hergestellt werden.... Das gilt sowohl für die SPD, wie auch für die gesamte Linke, wenn man der unsichtbaren Hand endlich Einhalt gebieten will.

  • S
    Sören

    Den Sprecher auszuwechseln war vermutlich die richtige Entscheidung, weil doch zu viele Fehler passiert zu sein scheinen. Aber das Hauptproblem sehe ich in der Art von P. Steinbrück. Er sagt oft das richtige, aber wirkt dabei oberlehrerhaft, arrogant und chronisch genervt - einfach unsympathisch.

     

    Niemand nimmt ihm ab, dass er ein "echter" Sozialdemokrat ist, weil er es eben nicht ist. Seine Kompetenz lag in der Wirtschaftspolitik, aber er konzentriert sich auf Soziales. Besser wäre es, er würde sich auf Wirtschaft & Finanzen konzentrieren, und jemand anders um Soziales, als eine Art "soziales Gewissen".

     

    Aber da liegt ein weiteres Problem der SPD: Ausgerechnet auf dem Feld, aus dem ihr Markenkern besteht, hat sie niemanden mehr. Mit Ausnahme von O. Schreiner, der nun leider nicht mehr lebt, gibt es seit Jahren keinen profilierten Sozialpolitiker auf Bundesebene.

     

    Ich glaube nicht, dass der SPD es gelingen wird, das Ruder nochmal rumzureißen. Aus heutiger Sicht wären die 23 % von 2009 ein gutes Ergebnis. Die Frage wäre dann, was man aus der Niederlage macht und ob ein Neustart möglich ist.

  • M
    mump

    @Heiko

    ach komm, wenn das ein cduler gemacht hätte, gäbe es hier eine tagelange abhandlung über strukturellen rassismus der konservativen.

  • D
    Detlev

    Peer Steinbrück kann es offenkundig nicht lassen, er heuert den nächsten vollkommen gefühllosen Idioten an. Was soll der denn bringen? Und war die SPD nicht mal die Mieter-Partei?

    Immerhin hat er bald gute Gründe, um den neuen Sprecher ebenfalls zu feuern und ein wenig an der Ausrede für die Niederlage im Herbst zu feilen. Aber die geht nun wirklich einzig und alleine auf sein persönliches Konto!

  • AJ
    Andreas J

    Wo ist das Rassismus? Der Begriff muß langsamm für jeden Scheiß herhalten. Seine eigendliche Bedeutung geht dadurch mit der Zeit verloren.

  • J
    Julia

    @Kasparius

    Woher nehmen Sie denn diese Information? In meinem JuLi-Landesverband befindet sich nach meiner Kenntnis kein einziges Burschenschaftsmitglied (noch dazu in einer rechtsradikalen Burschenschaft). Generell schätze ich den Anteil der Verbindungsmitglieder auf geringer als unserer aktuellen Umfrageergebnisse. Völlig albern. Hauptsache das Feindbild stimmt.

  • F
    Falmine

    Nein, Steinbrück 'macht' die SPD nicht kaputt - sie ist kaputt. Das Wahlkampf-Desaster passiert, weil die SPD seit 15 Jahren in einem schleichenden Prozess sich völlig entkernt hat. Die Hülle, das Funktionärswesen, funktioniert - aber niemand weiß mehr, warum und wozu! Da funktionieren dann eben auch keine Instinkte mehr, außer dem des reinen Machterhalts. Anders ist es mir nicht erklärlich, weshalb ein Kanzlerkandidat für bezahlbaren Wohnraum und Mietpreisgrenzen plädiert, um im nächsten Augenblick als neuen Pressesprecher den bisherigen Sprecher der größten Immobilienheuschrecke zu präsentieren. Offenbar geht da ja weder bei Steinbrück noch bei irgendjemandem sonst im Vorwege mal eine kleine Warnlampe an. Das stimmt traurig - Jubiläen hin oder her.

  • H
    Heiko

    Was heutezutage alles als "rassitisch" bezeichnet wird ... die ursprüngliche Bedeutung des Wortes scheinen diese Leute vollkommen vergessen zu haben.

  • JK
    Juergen K.

    Den Text

     

    "Die FDP ist wieder da"

     

    kann er lassen.

     

    Das Bold könnte er austauschen gegen eine Menschenschlange,

    die vor einer Suppenküche oder Tafel ansteht.

     

    Dann könnte er Text ergänzen:

     

    "Und die SPD kommt wieder.".

  • R
    Rosa

    Es wäre noch Zeit die Notbremse zu ziehen, und die Kanzlerkandidatur zurückzuziehen.

    Statt sich im September die Blamage anzutun.

  • HR
    HP Remmler

    Hat die SPD mit Rassismus ein Problem - oder ohne?

     

    Soweit mir bekannt ist, ist Herr Sarrazin immer noch Mitglied...

  • H
    Hans

    Peer ist wirklich unglaublich. Ständig tritt er in ein neues Fettnäpfchen. Das muss man erstmal nachmachen. In der Häufigkeit ist das fast schon eine Kunst. Spaß beiseite, man sieht auch hier in welchen Netzwerken sich Steinbrück befindet. Dass er mit Bürgernähe und ehrlicher Sozialdemokratie, trotz eifriger Versuche, nicht viel zu tun tritt immer wieder offensichtlich zu Tage. Steinbrück versucht immer wieder auf zweifelhafte Eliten aus seinem Umfeld zurückzugreifen. Bei der CDU ist das auch so, man bekommt aber keine Mogelpackung.

     

    Daneben ist die Deutsche Annington wirklich eine der schlimmsten Immobilienfirmen, die es hierzulande auf dem Markt gibt.

  • K
    Kasparius

    Hahahahaha,

     

    das ist vielleicht dämlich und kleinenfeindlich, aber rassistisch?!

    Und das von den JuLis, von denen ein Großteil im rechtsradikalen Burschenschaftsmilieu herumsumpft?

     

    N**ga please!

  • K
    KlausK

    Da scheinen sich zwei Fettnäpfchentreter gefunden zu haben.

    Allerdings spielt dies 100 Tage vor der Wahl keine Rolle mehr, die ist für Steinbrück eh schon längst perdü. Egal, ob mit oder ohne Kleine.

    Die SPD sollte schon jetzt alles daran setzen, für die Wahl 2017 die Parteispitze neu aufzustellen. Außer Hannelore Kraft sehe ich noch weit und breit niemanden, mit dem eine Bundestagswahl gewonnen werden könnte. Und solange dies so ist, kann Merkel weiterwurschteln wie sie will.

  • PA
    pure absicht

    Steinbrück macht die SPD absichtlich kaputt.

    Erst unter Schröder und heute auf eigene Rechnung.